Kämpfe gehen nach gescheiterter Waffenruhe unvermindert weiter

Die für den Gazastreifen vereinbarte dreitägige Waffenruhe hat keine zwei Stunden gehalten. Stattdessen wurden mindestens 62 Palästinenser und zwei israelische Soldaten getötet. Ein israelischer Soldat wurde wohl von Kämpfern der radikal-islamischen Hamas verschleppt.

Am Freitagmorgen hat die vereinbarte Feuerpause begonnen. (Archiv) (Bild: AMIR COHEN)

Die für den Gazastreifen vereinbarte dreitägige Waffenruhe hat keine zwei Stunden gehalten. Stattdessen wurden mindestens 62 Palästinenser und zwei israelische Soldaten getötet. Ein israelischer Soldat wurde wohl von Kämpfern der radikal-islamischen Hamas verschleppt.

Nur 90 Minuten nach Beginn der Feuerpause um 07.00 Uhr MESZ wurden israelische Soldaten nach Darstellung des Militärs bei Rafah im Süden des Gazastreifens aus einem Tunnel heraus von Hamas-Kämpfern angegriffen.

Israel erklärte die von den Vereinten Nationen und den USA vermittelte Waffenruhe am Mittag für gescheitert. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf der Hamas vor, trotz ausdrücklicher Garantien an UNO und USA die humanitäre Waffenruhe gebrochen zu haben.

Er berief eine Sondersitzung des Sicherheitskabinetts ein. Die Hamas und andere Gruppierungen müssten die Folgen ihrer Taten tragen, sagte er nach Angaben seines Büros bei einem Telefonat mit US-Aussenminister John Kerry.

Damit war ungewiss, was aus den in der ägyptischen Hauptstadt Kairo geplanten Verhandlungen über einen dauerhaften Waffenstillstand werden würde. Ägyptische Regierungsvertreter erklärten, die Einladung an die Konfliktparteien bestehe fort. Mehrere Palästinenser-Vertreter hätten aber um eine Verschiebung auf Samstag oder Sonntag gebeten, damit eine neue Feuerpause vereinbart werden könne.

50 Tote durch israelischen Beschuss

Das Militär machte den Angriff auf Soldaten bei Rafah für das Scheitern der Waffenruhe verantwortlich. Mindestens einer der Angreifer sei ein Selbstmordattentäter gewesen, der sich in die Luft gesprengt habe. Es habe einen Schusswechsel gegeben. Zwei Soldaten seien getötet worden, ein weiterer 23-jähriger Soldat sei allem Anschein nach von den Angreifern entführt worden.

Die israelische Armee leitete eine umfassende Suchaktion nach dem Leutnant ein. Ein Lebenszeichen von ihm lag zunächst nicht vor.

Beim folgenden israelischen Granatenbeschuss wurden nach Angaben von Sanitätern mindestens 62 Palästinenser getötet. Etwa 350 Menschen seien verletzt worden. Damit stieg die Zahl der getöteten Palästinenser auf über 1500. Die meisten von ihnen waren Zivilisten.

Auf Seiten Israels wurden seit Beginn der Militäroffensive am 8. Juli 63 Soldaten getötet und über 400 verwundet. Drei Zivilisten wurden in Israel durch Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen getötet.

Am Freitag wurden nach Militärangaben acht Raketen und Mörsergranaten aus dem Küstenstreifen auf das israelische Kernland abgefeuert. Drei wurden von der Raketenabwehr abgefangen, die anderen landeten auf freiem Feld.

Hamas: Israel will Welt täuschen

Ein Hamas-Sprecher erklärte, Israel wolle die ganze Welt täuschen und nur von dem ablenken, was er als «Rafah-Massaker» bezeichnete. Der ständige Vertreter der Palästinenser bei der UNO in New York, Rijad Mansur, sagte dem Sender CNN, es sei nicht sicher, dass Hamas den Angriff auf israelische Soldaten ausgeführt oder die Waffenruhe gebrochen habe.

Die UNO bedauerten das Scheitern der Waffenruhe im Gazastreifen als verpasste Gelegenheit. «Das ist der tragische Verlust einer grossen Chance», sagte Untergeneralsekretär Jeffrey Feltman in New York.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon und US-Aussenminister Kerry forderten die «sofortige und bedingungslose» Freilassung des festgehaltenen israelischen Soldaten. Ban zeigte sich aber auch zutiefst beunruhigt über den Tod von 70 Palästinensern durch israelische Angriffe.

Zivilbevölkerung in Notlage

Laut dem UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA ist die Lage der Zivilbevölkerung in dem blockierten und dicht besiedelten Küstengebiet katastrophal. Rund 230’000 Palästinenser hätten Schutz in UNO-Einrichtungen gesucht.

UNRWA-Leiter Pierre Krähenbühl bestätigte, dass in drei leerstehenden UNRWA-Einrichtungen Raketen gefunden worden seien. «Wir verurteilen das und haben sofort alle Seiten informiert. Wir dulden keinerlei Waffen in unseren Einrichtungen.»

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