«Kämpft für die Gerechtigkeit!»

Die 1.-Mai-Feier in Basel stand im Zeichen der Löhne. Neben dem Gewerkschaftsbundpräsident Paul Rechsteiner kamen auch dürftig bezahlte Angestellte zu Wort. Den mutigsten Auftritt hatten zwei Verkäuferinnen des «Metro».

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Die 1.-Mai-Feier in Basel stand im Zeichen der Löhne. Neben dem Gewerkschaftsbundpräsident Paul Rechsteiner kamen auch dürftig bezahlte Angestellte zu Wort. Den mutigsten Auftritt hatten zwei Verkäuferinnen des «Metro».

Der 1.-Mai in Basel war auf den ersten Blick wie jedes Jahr: Die Seitengassen gehörten der Polizei, der Marktplatz den Demonstranten. Dennoch stand die Feier in einem besonderen Fokus: der Lohngleichheit. Die Forderung «faire Löhne, bessere Renten» war omnipräsent.

Der Demo-Umzug erreichte den alljährlichen Ort für die Reden mit Verspätung, aber darüber sah man hinweg wie über den Spruch bei der Bühne am Rathaus: «Links ist die richtige Richtung – also alle weiterlaufen!» (Die Teilnehmer rückten dann eher nach rechts, aber das nur so am Rand).

Eröffnen durfte den Reden-Reigen Gewerkschaftsbundpräsident Paul Rechsteiner. Der St. Galler plädierte in seiner knapp 20-minütigen Rede für Mindestlöhne und eine starke AHV: Wenn man die AHV verteidigen und stärken wolle, kämpfe man auch um die Richtung, in die sich die Schweiz bewegen müsse, sagte der SP-Ständerat. «Wie weit ist es in der Schweiz gekommen», fragt er rhethorisch, «wenn eine Lehre nicht mehr reicht für ein anständiges Leben?» Und verwies auf den Unterschied zwischen den Milliardären an der Spitze von Detailhandelsgrossketten und den Angestellten in den Schuh- und Kleiderläden. Ein Teil seiner Rede ist im folgenden Video zu sehen, die Nachrichtenagentur sda hat zudem eine Zusammenfassung seiner Rede geschrieben.


Ein Heimspiel hatte danach Sibel Arslan. Die BastA!-Grossrätin begann ihre Rede auf Türkisch, die Themen waren aber nicht anders als bei Rechsteiner die Mindestlohn- und die «AHVplus»-Initiative – so viel war auch ohne Türkisch-Kenntnisse zu verstehen. Im zweiten Teil sprach Arslan über das Referendum «Keine 24-Stunden-Arbeitsgesellschaft». Der 24-Stunden-Betrieb von Tankstellen-Shops, sagte Arslan, sei nur der Pilotversuch, die Arbeitnehmerrechte zu unterwandern: «Es geht hier nicht um Tankstellen-Shops, sondern um viel mehr.»

Unter Jubel verabschiedet wurde auch Markus Kümin, Taxifahrer aus Basel. Er liess die Genossinnen und Genossen auf dem Marktplatz in die Arbeitswelt der Taxifahrer blicken. «Wir haben einen schlechten Ruf», sagt Kümin, «aber wir arbeiten auch unter schlechten Bedingungen.» Seine Rede entsprach inhaltlich mehr oder weniger seinen Ausführungen, die er bereits in der TagesWoche (zum Artikel von Kollege Simon Jäggi) geäussert hatte.

Metro-Verkäuferinnen: «Wir haben uns Respekt verschafft»

Den mutigsten Auftritt auf dem Marktplatz – und entsprechend den grössten Beifall – hatten zwei Verkäuferinnen aus der Metro-Filiale in Basel. Aus Protest gegen die schlechte Bezahlung legte das Verkaufspersonal vor wenigen Tagen für eine Stunde die Arbeit nieder (mehr dazu auch in unserem Artikel: «Viel Stress, wenig Geld»).

Besonderen Applaus gab es für den Erfolg des Warnstreiks. «Wir haben bessere Löhne erhalten, aber immer noch nicht den, den wir wollten», sagte die eine von beiden Verkäuferinnen. Was ihnen die Aktion aber dafür gebracht habe, sei Respekt: «Wir sind nicht nur dumme Verkäuferinnen.» Um noch mehr Erfolg zu haben mit ihren Forderungen, brauchten sie Unterstützung: «Erhebt eure Stimme, kämpft für die Gerechtigkeit!», forderten sie die Menge auf.

Kaum SP-Präsidentin, schon auf dem Podium

Das letzte Wort auf dem Marktplatz gehörte der neuen Präsidentin der SP Basel-Stadt, Brigitte Hollinger. Sie rief in ihrer Rede zur Solidarität auf.

Hollinger sprach auch das Thema an, das im Vorfeld für so viel Aufregung gesorgt hatte: den Aufruf an zehn Topmanager, ihren Lohn auf dem Marktplatz vor der Menge zu rechtfertigen. «Gekommen ist keiner», sagte Hollinger. Sie monierte, dass die Aktion nur für Empörung gesorgt habe in der Presse. Was allerdings nicht ganz der Tatsache entspricht. Wir empfehlen unsere Titelgeschichte zum Thema – mit Stimmen der Topmanager: «Der neue Klassenkampf».

Übrigens war der Vorgänger von Brigitte Hollinger auch auf dem Marktplatz. Warum Martin Lüchinger die 1.-Mai-Feier noch immer für zeitgemäss hält, erläutert er in unserer Wochendebatte zur Frage: Sind die 1.-Mai-Feiern noch zeitgemäss?

 

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