Das Team Canada gewinnt zum 13. Mal den Spengler Cup in Davos. Das Team des früheren SCB-Trainers Guy Boucher gewinnt den Final gegen Lugano 4:3.
Was der frühere Magier John Slettvoll nicht geschafft hatte, gelang auch Doug Shedden nicht. Der Begründer des Grande Lugano war am grossen ZSKA Moskau gescheitert, Luganos neuer Coach stiess gegen die Repräsentanten aus dem Land des Olympasiegers an die Grenzen. Die Canada Selects, seit Jahrzehnten die eigentlichen Publikumslieblinge, verhinderten nach dem Double von Genève-Servette einen dritten Finalsieg eines NLA-Vertreters in Folge.
«Non mollare mai!» Die Tifosi der Bianconeri stimmten einen ihrer Lieblingssongs schon früh ein erstes Mal an. Nach 25 Minuten führten die beeindruckend effizienten Selects 3:1. Praktisch nach jeder verpassten Chance der Luganesi schlugen die Nordamerikaner ohne Rücksicht auf gegnerische Verluste zu. Derek Roy und Tom Pyatt, die beiden Leader aus Bern und Genf, verschafften ihrer Equipe mit einer Tor-Doublette innerhalb von 93 Sekunden einen doppelten Vorteil.
Doug Sheddens Auswahl reagierte auf die heikle Startphase in imposanter Manier, abzuschütteln war sie vom 22-fachen Finalisten bis tief ins letzte Drittel nicht. Beim temporären Comeback traten für einmal nicht die (zu) blassen schwedischen Topskorer Fredrik Pettersson und Linus Klasen in Erscheinung, sondern die Fraktion gebürtiger Tessiner. Ausgerechnet der Ex-Ambri-Junior Gregory Hofmann trug mit seinem zweiten Treffer zum 3:3 (46.) die Hoffnung auf die erste Trophäe seit dem letzten Meistertitel zurück in die Reihen der leidenschaftlich kämpfenden Südschweizer.
Am bitteren Ende entschieden ein paar Nuancen und der fehlende Output der skandinavischen Künstler, denen die rauere Finalluft nicht sonderlich behagte. Den Kanadiern genügte in der Gesamtabrechnung eine einzige Unsicherheit von Keeper Elvis Merzlikins zur Zäsur – Matt D’Agostinis 4:3 wäre zu parieren gewesen.
Zurück bleibt der Eindruck, dass Lugano die Hockey-Show vom ersten bis zum letzten Tag an bereicherte. Doug Shedden hinterliess mit seinem Team eine vorzügliche Visitenkarte. Eine erneute Einladung der Organisatoren würde niemanden überraschen. Das Format passt zum Verein, die Lust war spürbar, den Fans ein Spektakel zu bieten.
Den hohen Stellenwert des sechstägigen Gastspiels im Bündner Kurort betonten die Südschweizer Verantwortlichen bei jeder Gelegenheit. Entsprechend verhielt sich die Squadra auf und neben den Hauptschauplätzen. Und wie sehr auch Luganos Investoren-Familie Mantegazza die Performance der eigenen Mannschaft goutierte, verdeutlichte der langjährige Patron Geo. Der inzwischen 87-jährige Vater der Klubchefin Vicky Mantegazza liess sich per Helikopter zur ersten Finalissima seit dem letzten Playoff-Triumph 2006 einfliegen.
Ovationen für Fredi Pargätzi
Vor dem ersten Puckeinwurf rückte ein Mann in den Mittelpunkt der Eisfläche, der das Turnier neben dem Rink während über zwei Dekaden geprägt hat wie kaum ein Zweiter: Fredi Pargätzi, der scheidende OK-Chef, der Mann der globalen Kontakte, der smarte Kopf des in der internationalen Hockey-Szene etablierten Top-Events. Zur Feier der Derniere überreichte ihm der Davoser Klubpräsident Gaudenz Domenig ein HCD-Shirt mit passendem Aufdruck «President 1990 bis 2015».
«Der Spengler-Cup ist für unseren Klub überlebenswichtig, und Fredi Pargätzi hat unglaublich viel dazu beigetragen», hielt Domenig in seiner Laudatio fest. Das Publikum erhob sich geschlossen und zelebrierte den charismatischen Manager und Macher minutenlang. Unter seiner Leitung hat sich die Exhibition in wirtschaftlicher Hinsicht zu einem der relevantesten Sportanlässe der Schweiz entwickelt. Der Umsatz stieg seit dem Einstieg des Bündners um rund 75 Prozent.
Das persönliche Highlight Pargätzis war der Auftritt des kanadischen Dream Teams 2012: «Die Kanadier traten mit einem NHL-Allstar-Team an. Unglaublich, was die Jungs auf das Eis gezaubert haben. Der Kontakt mit den Spielern, die Erinnerungen an dieses fantastische Turnier werde ich nie mehr vergessen.»
Flughöhe beträchtlich
Marc Gianola, während Jahren als Abwehrdirigent die Leitfigur des HC Davos, tritt die Nachfolge Pargätzis an. «Die Schuhe sind gross», sagte Domenig – die Herausforderungen ebenso. «Es geht darum, auch in Zukunft ein gutes Teilnehmerfeld verpflichten zu können, obschon es im internationalen Terminkalender immer enger wird.»
Die Flughöhe ist beträchtlich, die 89. Spengler-Cup-Auflage verlief nahezu perfekt. Die Zahlen stellen alle Beteiligten zufrieden. Sämtliche Partien waren ausverkauft, 69’300 strömten in die Halle. Sie hätten 98 von 100 Punkte erreichte, kommentierte der VR-Präsident Domenig.
Team Canada – Lugano 4:3 (1:1, 2:1, 1:1)
6300 Zuschauer. – SR Kimmerly (Ka)/Vinnerborg, Borga/Tscherrig. – Tore: 9. Hofmann (Bertaggia, Filppula) 0:1. 16. Ellerby (DiDomenico) 1:1. 24. Roy (Conacher) 2:1. 25. Pyatt (DiDomenico) 3:1. 33. Chiesa (Brunner/Ausschluss Roy) 3:2. 46. Hofmann (Bertaggia) 3:3. 49. D’Agostini (Lombardi, Johnson) 4:3. – Strafen: 6mal 2 Minuten gegen das Team Canada, 3mal 2 Minuten gegen Lugano.
Team Canada: Glass; Picard, Bergeron; Johnson, Aulie; Ellerby, Carrick; Vukovic, Cundari; Emmerton, Malhotra, Paillé; Pyatt, Sheppard, DiDomenico; D’Agostini, Lombardi, Giroux; Conacher, Roy, Ellison.
Lugano: Merzlikins; Chiesa, Furrer; Kienzle, Vauclair; Glenn, Spang; Hirschi, Kparghai; Brunner, Martensson, Stapleton; Pettersson, Sannitz, Klasen; Bertaggia, Filppula, Hofmann; Kostner, Walker, Reuille.
Bemerkungen: Lugano ohne Morini, Steinmann, Ulmer (alle verletzt), Dal Pian, Fazzini, Sartori, Romanenghi (alle überzählig/geschont). 24. Lattenschuss von Hofmann. 28. Pfostenschuss von Brunner. 29. Pfostenschuss von Pettersson. Lugano ab 59:16 ohne Goalie.