Kanadas Oberstes Gericht hat in einem historischen Urteil den Rechtsanspruch einer Gruppe von Ureinwohnern über ihr altes Siedlungsgebiet anerkannt. Damit braucht es fortan immer die Zustimmung der Ureinwohner, falls jemand auf ihrem Gebiet Projekte realisieren will.
Das Urteil fiel zugunsten der rund 3000 Angehörigen der halbnomadischen Volksgruppe der Tshilqot’in. Sie hätten das «historische Recht» zur Besiedlung und Nutzung eines Gebiets von 2000 Quadratkilometern in der westlichen Provinz British Columbia, urteilte das Gericht am Donnerstag.
Das Urteil könnte weitreichende Bedeutung für andere indigene Völker haben und sich auf zahlreiche Minen-, Forst- und andere Wirtschaftsprojekte auswirken.
Im Jahr 2012 hatte ein Gericht in British Columbia den Anspruch der Tshilqot’in noch zurückgewiesen, weil sie nicht bewiesen hätten, dass ihr Vorfahren zur Zeit der Ankunft der ersten europäischen Siedler ein «bestimmtes Stück Land» in dem Gebiet nutzten.
Das Oberste Gericht urteilte nun aber, dass ein «historisches Recht» sich auch auf Gebiete erstrecke, die etwa fürs Jagen und Fischen genutzt wurde, und über die ein Volk «eine effektive Kontrolle» hatte zur Zeit «der Etablierung der europäischen Souveränität».
Zustimmung der Ureinwohner nötig
«Diese Entscheidung wird sicher als eines der wichtigsten und grundlegendsten Urteile des Obersten Gerichts von Kanada in die Geschichte eingehen», sagte der Sprecher der Versammlung der Ersten Nationen, Ghislain Picard.
Die Versammlung ist die Hauptvertretung der rund 1,4 Millionen Ureinwohner des Landes. Mit dem Urteil endet ein rund 30-jähriger Rechtsstreit, der begonnen hatte, als die Provinzregierung 1983 eine Genehmigung zum Holzeinschlag in einer Region erteilt hatte, welche die Ureinwohner als Teil ihres angestammten Siedlungsgebiets betrachteten.
Die Anerkennung ihres Rechtsanspruchs auf das Gebiet bedeutet nicht, dass sie vollständig darüber verfügen können. Doch kann die Regierung künftig keine Wirtschaftsprojekte mehr genehmigen ohne die Zustimmung der Ureinwohner, wenn sie nicht ein übergeordnetes öffentliches Interesse nachweist und die Ureinwohner für ihre Verluste entschädigt.