Der Aargauer Grosse Rat hat am Dienstag in erster Lesung stundenlang an zwei neuen Ausgleichsgesetzen gefeilt. Neu geregelt wurden die Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden sowie der Finanzausgleich unter den Gemeinden.
Die Vorschläge der Aargauer Regierung waren schon bei der Vernehmlassung grösstenteils positiv bewertet worden. Auch bei der Eintretensdebatte wurde die regierungsrätliche Botschaft mehr gelobt, als kritisiert. Dennoch brauchte es einiges an Feintuning von Seiten des Rates, um eine konsensfähige Lösung zu erarbeiten.
Kanton ist auf Geld aus Steuerfussabtausch angewiesen
Zu reden gab der Steuerfussabtausch in Höhe von vier Prozent von den Gemeinden hin zum Kanton. Die SVP-Fraktion forderte, dass auf diesen Steuerfussabtausch verzichtet wird. Es handle sich um einen Eingriff in die Gemeindeautonomie und führe zu Ungleichheiten für die Steuerpflichtigen, argumentierte eine Sprecherin.
Regierungsrat Urs Hofmann wehrte sich gegen den Antrag. Der Kanton könne nicht neue und teure Aufgaben übernehmen und gleichzeitig auf die vier Steuerprozente verzichten. Für die neuen Aufgaben müsse über den Steuerfussabtausch Geld in die Kantonskasse fliessen. Der SVP-Antrag wurde mit 78 zu 46 Stimmen abgelehnt.
Grenzwert bei Sozialhilfe erhöht
Weitere Diskussionen ergaben sich auch, weil die Gemeinden neu sämtliche Kosten der materiellen Sozialhilfe übernehmen. Bei Sozialhilfefällen, die pro Jahr einen gewissen Beitrag überschreiten, wird der Mehrbetrag von allen Gemeinden zusammen getragen.
Die SVP betrachtete den vorgeschlagenen Grenzwert von 40’000 Franken als zu tief und die damit verbundenen Verwaltungskosten als zu hoch. Gefordert wurde eine Untergrenze von 60’000 Franken.
Der Grosse Rat schloss sich der SVP-Forderung mit 92 zu 33 Stimmen an. Gleichzeitig lehnte es der Rat aber mit 82 zu 48 Stimmen ab, dass Gemeinden mit Sozialfällen, die über 60’000 Franken pro Jahr kosten, einen Selbstbehalt von 10 Prozent selber bezahlen sollen.
Finanzausgleich auf neuen Füssen
Etwas weniger zu reden gaben die Vorschläge für den neuen Finanzausgleich unter den Gemeinden. Der Grosse Rat legte fest, dass Gemeinden nicht mehr in den Genuss von Finanzausgleichszahlungen kommen, deren Steuerfuss um 5 Prozent oder mehr unter dem Mittelweg der Gebergemeinden liegt. Ein Minderheitsantrag der vorberatenden Kommission mit einer Grenze von 3 Prozent wurde mit 98 zu 26 Stimmen abgelehnt.
Auf Antrag der Kommission und gegen den Willen der Regierung kippte der Grosse Rat mit 87 zu 36 Stimmen zudem die Beiträge an die Standortförderung aus dem Finanzausgleich. Die Standortförderung sei Sache der Regionen und nicht der Gemeinden, sagte der Kommissionssprecher.
Die Diskussionen drehten sich zudem um die Höhe des Steuerzuschlages, die Berechnung der Zentrumslasten, den Maximalsteuerfuss, die Einwohnerzahl als Berechnungskriterium und um den durchschnittlichen Normsteuerertrag pro Kopf.
Verschiedene Kriterien für das Geben und Nehmen
Beim neuen Finanzausgleich unter den Aargauer Gemeinden werden die Ressourcen- und die Lastenseite der Gemeinden separat betrachtet. Auf der Ressourcenseite bezahlen Gemeinden mit Steuererträgen über dem Kantonsdurchschnitt Geld an Gemeinden mit Steuererträgen unter dem Kantonsdurchschnitt.
Auf der Lastenseite bilden der Anteil der Volksschüler an der Gesamtbevölkerung, die Sozialhilfequote und die Gesamtfläche die Kriterien für das Geben und Nehmen der Gemeinden.
Das Gesetz über den Ausgleich der Aufgabeverschiebungsbilanz wurde vom Aargauer Grossen Rat mit 88 zu 40 Stimmen gutgeheissen. Das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen den Gemeinden passierte in erster Lesung ebenfalls mit 88 zu 40 Stimmen.