Die neun Kantone, die sich zur Entwicklung eines E-Voting-Systems zusammengetan hatten, verzichten auf eine Weiterentwicklung des Projekts. Weil der Bundesrat das System an den eidgenössischen Wahlen nicht zuzulassen will, beenden sie vorderhand ihre Zusammenarbeit.
Die Absage des Bundesrats vom 12. August habe das Vertrauen in das E-Voting-System stark belastet, teilte der Kanton Graubünden am Montag mit. Ebenfalls mit dabei beim «Consortium Vote électronique» sind die Kantone Glarus, St. Gallen, Thurgau, Zürich, Schaffhausen, Aargau, Solothurn und Freiburg.
Der Bundesrat hatte entschieden, dass bei den Nationalratswahlen im Oktober erstmals auch in der Schweiz wohnhafte Stimmbürgerinnen und Stimmbürger elektronisch wählen können – jedoch nur in den Kantone Genf und Neuenburg. Das Gesuch der neun Kantone des Konsortiums lehnte er mit dem Verweis auf eine Lücke beim Schutz des Stimmgeheimnisses ab.
Sicherheitslücke war «theoretischer Natur»
Diese Lücke war aus Sicht der Kantone «rein theoretischer Natur», sagte der Direktor der Standeskanzlei des Kantons Graubünden, Claudio Riesen, am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Es sei um das Risiko gegangen, dass das System extern gehackt werden könne – ein Risiko, das bei jedem Informatiksystem existiere.
Eine Nachbesserung dieses E-Voting-Systems nach den Vorgaben des Bundes hätte voraussichtlich «erhebliche Kosten» verursacht, heisst es in der Mitteilung. Die entsprechenden Investitionen seien für die betroffenen Kantone nicht vertretbar gewesen.
Die Staatsschreiber der neun Kantone hätten daher entschieden, das E-Voting-System nicht weiterzuentwickeln. Ihren Entscheid teilten sie im Rahmen der Staatsschreiberkonferenz vom vergangenen Freitag und Samstag der Bundeskanzlerin mit.
Bundeskanzlei nimmt Entscheid zur Kenntnis
Die beteiligten Kantone wollen nun prüfen, wie die bestehenden vertraglichen Grundlagen des Zusammenschlusses «im gegenseitigen Einvernehmen mit sämtlichen Projektpartnern» vorzeitig aufgelöst werden können. Die Entscheidung obliege den betroffenen Regierungen.
Die Bundeskanzlei hat den Entscheid der Konsortiums-Kantone zur Kenntnis genommen, wie es am Montag auf Anfrage hiess. Die Bevölkerung müsse darauf vertrauen können, dass die Systeme sicher seien und das Stimmgeheimnis zuverlässig geschützt sei. Nur die Systeme aus Genf und Neuenburg hätten die Anforderungen des Bundes erfüllt.
Die Weiterentwicklung von Vote électronique als Dienstleistung für die Stimmberechtigten wollen die Staatsschreiber jedoch als strategisches Ziel weiterverfolgen, wie sie an ihrer Herbsttagung bekanntgaben. Dies sei auch ein unverzichtbares Anliegen des Bundesrats, betont die Bundeskanzlei.
Prüfung von neuen Kooperationen
Der Kanton Graubünden sei nach wie vor an der Einführung der elektronischen Stimmabgabe interessiert, sagte Staatsschreiber Riesen. Er werde mögliche neue Kooperationen prüfen. Allerdings sei das Projekt jetzt um mindestens zwei Jahre zurückgeworfen worden. Das sei ärgerlich.
Konkret gebe es derzeit zwei Anbieter: Den Kanton Genf, der bereits mit den Kantonen Luzern, Basel-Stadt und Bern kooperiere, sowie den Kanton Neuenburg, der für sein E-Voting-System mit der Post zusammenarbeite und dieses System auch anderen Kantonen anbiete. Eine Alternative gäbe es derzeit nicht, sagte Riesen.