Die 22-Jährige, die im vergangenen Jahr in Beringen SH ihren Vater erstochen und ihre Mutter schwer verletzte, ist wegen Mordes und versuchten Mordes verurteilt worden. Das Kantonsgericht Schaffhausen bestrafte die junge Frau am Donnerstag mit einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren.
Ausserdem ordnete das Gericht eine strafbegleitende ambulante Behandlung an. Ein Gutachten hatte der Angeklagten eine schwere psychische Störung attestiert. Sie habe zwar Einsicht ins Unrecht, könne aber nicht unbedingt entsprechend handeln.
Vor Gericht bereute die 22-Jährige ihre Tat nicht. Sie sagte aus, dass sie sich jetzt frei fühle, weil sie sich nicht länger die Beleidigungen ihres Vaters anhören müsse. Gemäss eigenen Aussagen plante sie schon seit längerer Zeit, ihn umzubringen.
Gericht: „Motiv in keiner Weise nachvollziehbar“
Sowohl die Staatsanwältin als auch der Verteidiger beantragten für die Beschuldigte eine stationäre Behandlung in einer geschlossenen Anstalt. Die Staatsanwaltschaft verlangte eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen Mordes und versuchten Mordes. Der Verteidiger forderte lediglich eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tötung und eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren.
Das Gericht bezeichnete die Tat am Donnerstag als „skrupellos und heimtückisch“. Die Angeklagte habe Rache an den Eltern nehmen wollen und sei dabei extrem kaltblütig vorgegangen. Das Motiv sei in keiner Weise nachvollziehbar. Das Gericht berücksichtigte allerdings das Geständnis, das jugendliche Alter und die Kooperationsbereitschaft der Beschuldigten.
Die Verurteilte muss Gerichtskosten in der Höhe von 25’000 Franken tragen und ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrer Schwester eine Genugtuung von 140’000 Franken bezahlen.
Gezielt in den Hals gestochen
Die junge Frau fuhr am frühen Morgen des 26. Juli 2011 mit zwei Küchenmessern und Pfefferspray bewaffnet zur Wohnung ihrer Familie in Beringen SH. Sie schloss die Tür auf und fand im Licht ihres Handy-Displays den schlafenden Vater auf dem Sofa.
Die Tochter ging sofort auf ihn los und stach ihm gezielt in den Hals. Insgesamt fügte sie ihm rund 17 Stich- und Schnittverletzungen zu. Als die Mutter dem Vater zu Hilfe eilen wollte, stach die junge Frau auch auf ihre Mutter ein.
Erst der durch den Lärm geweckte Bruder konnte seine Schwester überwältigen. Der Vater starb noch am Tatort. Die Mutter überlebte schwer verletzt. Nach ihrer Attacke flüchtete die Täterin, wurde aber kurz darauf von der Schaffhauser Polizei festgenommen.
Als Tatmotiv gab sie an, sie sei vom Vater heruntergemacht und beleidigt und gelegentlich auch geschlagen worden. Die Mutter habe dem Verhalten des Vaters nichts entgegengesetzt.
Drohbriefe in Morseschrift
Die Beschuldigte hatte sich bereits früher auffällig verhalten. Während ihrer Zeit in der Kantonsschule Winterthur verfasste sie am Computer Drohungen in Morseschrift. Diese waren so gravierend, dass die Schule die Polizei informiert hätte, wenn die Beschuldigte nicht eingewilligt hätte, sich psychiatrisch betreuen zu lassen.
Der Psychiater erkannte damals jedoch kein Gefährdungspotenzial für Schule und Mitschüler. Weil die Frau zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig war, wurden ihre Eltern auf eigenen Wunsch hin nicht über die Vorfälle informiert. Das Verhältnis zum Elternhaus sollte nicht zusätzlich belastet werden. Auch die Polizei erfuhr nichts von den Drohungen.