Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat seine scharfe Kritik am NATO-Militäreinsatz im Land bekräftigt. Dem Antiterrorkampf mangle es an einer nachvollziehbaren Strategie, sagte der Staatschef der «Süddeutschen Zeitung» vom Dienstag.
«Der Westen hat nicht die Rückzugsgebiete der Terroristen bekämpft, nicht ihre Trainingscamps», sagte Karsai. Das eigentliche Problem liege im Nachbarland Pakistan und sei nicht angegangen worden.
Zugleich bemängelte er, dass seine Regierung vom Westen respektlos behandelt worden sei. «Wir möchten, dass diese Beziehungen besser funktionieren, wir möchten wie Verbündete behandelt werden, nicht wie ein Gegenstand.»
Aufruf an die Taliban
Karsai rief die Taliban auf, die Waffen niederzulegen und sich am politischen Prozess zu beteiligen. Taliban-Anführer Mullah Omar könne 2014 Präsidentschaftskandidat werden und «den Afghanen die Möglichkeit geben, für ihn oder gegen ihn zu stimmen».
2014 stellt für Afghanistan eine Zäsur dar: Der Westen zieht seine Kampftruppen vom Hindukusch ab und Karsais Amtszeit endet – er darf laut Verfassung nicht mehr antreten.
Berichte der Opposition, er selbst könnte auch gegen die Verfassung eine weitere Amtszeit anstreben, wies der seit 2001 amtierende Staatschef zurück. Er werde nach der Wahl «ein Ex-Präsident sein», der nicht ins Exil gehen, sondern bleiben wolle.
Geringe Chance auf Frieden
Die Chancen, bis zum Abzug des NATO-Kampftruppen im nächsten Jahr mit den Taliban einen Friedensschluss zu erreichen, sind inzwischen gering. Karsai sagte, seine Regierung habe sporadische Kontakte mit den Islamisten, es gebe jedoch keine Verhandlungen.
Karsai hatte im Rahmen seiner Friedensbemühungen mit den Taliban am Wochenende Gespräche in Katar geführt. Dazu traf er mit dem Emir in Doha zusammen.
Karsai strebt Verhandlungen zwischen den Aufständischen und dem Hohen Friedensrat Afghanistans in Doha an, die in einen politischen Prozess münden sollen. Friedensgespräche ausländischer Staaten mit den Taliban lehnt er ab.