Mehr als drei Monate nach der Wahl hat Katalonien einen neuen Ministerpräsidenten. Der Separatist Carles Puigdemont will die wirtschaftsstarke Region von Spanien abspalten. Die Zentralregierung in Madrid will dies unter keinen Umständen zulassen.
Der 53-jährige bisherige Bürgermeister von Gerona erhielt am Sonntagabend im katalanischen Regionalparlament 70 Stimmen der separatistischen Allianz Junts pel Sí (Gemeinsam fürs Ja) und der linksradikalen Partei CUP. 63 Parlamentarier votierten gegen ihn, zwei enthielten sich der Stimme. Er ist damit neuer Ministerpräsident von Katalonien.
Der bisherige Regierungschef Artur Mas hatte am Samstag den Weg zur Wahl des früheren Journalisten durch seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur frei gemacht. Die Abstimmung erfolgte unmittelbar vor Ablauf einer Frist. Wenn bis Sonntagmitternacht kein neuer Regierungschef gewählt worden wäre, hätten im März Neuwahlen stattfinden müssen.
Madrid strikt gegen Abspaltung
Die spanische Zentralregierung betonte erneut, dass sie eine Abspaltung Kataloniens unter keinen Umständen zulassen werde. «Wir haben mehr Mittel als je zuvor, um die Einheit des Landes zu gewährleisten», sagte Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy in einer Fernsehansprache. «Die Spanier können beruhigt sein.» Es werde keine Abspaltung Kataloniens geben.
Die linksliberale Allianz Junts pel Sí hatte bei der Regionalwahl am 27. September 2015 zwar die meisten Sitze gewonnen, die absolute Mehrheit aber verfehlt. Sie war daher auf die Unterstützung der antikapitalistischen CUP angewiesen.
Bewegung dank Nachgeben von Mas
Bis zum Sonntag war eine Regierungsbildung daran gescheitert, dass Regierungschef Mas auf einen Verbleib im Amt bestand, die CUP aber unbedingt einen neuen Ministerpräsidenten wollte.
Nach wochenlangen Verhandlungen gab Mas schliesslich nach. Er mache «einen Schritt zur Seite, um das Land (Katalonien) vorwärtszubringen», sagte der 59-Jährige auf einer Pressekonferenz im katalanischen Regierungspalast.
Sein Nachfolger Puigdemont ist ein ehemaliger Journalist, der 1998 die Katalanische Nachrichten-Agentur mitgegründet und auch die englischsprachige Regionalzeitung «Catalonia Today» geleitet hatte. Der 53-Jährige gehört wie Mas der liberalen Demokratischen Konvergenz (CDC) an und tritt seit Jahren vehement für die Gründung eines unabhängigen Staates in Katalonien ein.
«Katalanische Frage»
Die «katalanische Frage» spielt auch bei der Regierungsbildung in Madrid eine zentrale Rolle. Bei der landesweiten Parlamentswahl am 20. Dezember erreichte keine Partei und auch keines der politischen Lager eine ausreichende Mehrheit.
Der konservative Regierungschef Mariano Rajoy und die sozialistische PSOE machen sich nun mit ihren jeweils möglichen Koalitionspartnern gegenseitig die Regierungsbildung streitig.