Katastrophen-Kapitän gerät immer mehr in Erklärungsnotstand

Der Kapitän des verunglückten Kreuzfahrtschiffes gerät immer mehr in Bedrängnis. Jetzt wurden Mitschnitte von Telefonaten während der Katastrophe publik – sie erhärten den Verdacht, dass Francesco Schettino komplett versagte.

Der Kapitän des Unglücksschiffes Francesco Schettino (r.) wird abgeführt (Archiv) (Bild: sda)

Der Kapitän des verunglückten Kreuzfahrtschiffes gerät immer mehr in Bedrängnis. Jetzt wurden Mitschnitte von Telefonaten während der Katastrophe publik – sie erhärten den Verdacht, dass Francesco Schettino komplett versagte.

In der Nacht der Katastrophe erreichte ein diensthabender Offizier im Hafen der Insel Giglio den Kapitän um 01.46 Uhr auf seinem Handy. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch hunderte Menschen auf der „Costa Concordia“, die dringend evakuieren mussten.

Der 52-Jährige Schettino hatte das Schiff dagegen laut Augenzeugen bereits kurz nach Mitternacht verlassen. Der von der Nachrichtenagentur Ansa veröffentlichte Mitschnitt zeigt denn auch, dass der Kapitän den Überblick über die Lage verloren hatte, auch wenn er behauptet: „(…) ich bin da, ich koordiniere die Rettung.“

Der Offizier im Hafen verliert denn auch im Verlauf des Telefonats immer mehr die Fassung. „Sie müssen uns sagen, wie viele Leute da noch sind, Kinder, Frauen, Passagiere, die genauen Zahlen in jeder Kategorie!“, herrscht er den Kapitän an.

Der Offizier sagt auch, es gebe „bereits Leichen“. Als Schettino zurückfragt: „Wie viele?“, kommt die scharfe Replik: „Das müssen doch Sie mir sagen! Was machen Sie? – Jetzt kehren Sie nach da oben zurück und sagen Sie uns, was wir machen können!“

Kapitän ist in Untersuchungshaft

Schettino befindet sich seit Samstag in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Tötung vor. Um den Kapitän herum ist es sehr einsam geworden. Die Reederei Costa Crociere distanzierte sich bereits kurz nach der Katastrophe von ihm und wies ihm die Alleinschuld zu.

Schettino hatte das 300 Meter lange und 38 Meter breite Schiff am Freitagnachmittag – laut Reederei abweichend von der vorgeschriebenen Fahrtroute – dicht an Giglio entlang manövriert. Etwa 500 Meter vor der Inselküste rammte die „Costa Concordia“ einen Felsen, der auf den Seekarten klar markiert sein soll.

Nach Augenzeugenberichten und Telefonaufzeichnungen suchte der Kapitän zudem, das Unglück noch fast eine Stunde lang zu verharmlosen, sprach von einem Stromausfall und zögerte mit der Anweisung zur Evakuierung. Zugleich soll laut Ansa eine Art „Meuterei“ ausgebrochen sein, indem Mitglieder der Crew schon vor einer formellen Order des Kapitäns von dem Schiff flüchteten.

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