Kehrtwende des Bundesrats in der Rüstungspolitik

Schweizer Rüstungsfirmen verkaufen immer weniger Waffen und Munition ins Ausland, einige entliessen bereits zahlreiche Mitarbeiter. Um der Branche unter die Arme zu greifen, will der Bundesrat nun Export-Beschränkungen lockern, die dem Menschenrechtsschutz dienen.

Arbeit an einem Panzer beim Technologie- und Rüstungskonzern Ruag (Bild: sda)

Schweizer Rüstungsfirmen verkaufen immer weniger Waffen und Munition ins Ausland, einige entliessen bereits zahlreiche Mitarbeiter. Um der Branche unter die Arme zu greifen, will der Bundesrat nun Export-Beschränkungen lockern, die dem Menschenrechtsschutz dienen.

Seit 2008 darf die Schweizer Rüstungsindustrie keine Waffen mehr in Länder wie Saudi-Arabien oder Pakistan liefern. Verboten sind Exporte generell, wenn im Bestimmungsland «Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt» werden.

Im Abstimmungskampf 2009 um die Initiative für ein Verbot des Exports von Kriegsmaterial bekämpfte der Bundesrat mit Verweis auf diese restriktive Praxis die GSoA-Initiative. Er gab an, diese weiterführen zu wollen. Von diesem Versprechen nimmt die Regierung nun Abstand, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Antwort auf eine Motion aus dem Ständerat hervorgeht.

Der Bundesrat befürwortet den Vorstoss der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK), die sinngemäss verlangt, dass die Schweizer Regeln nicht strenger sein sollen als jene vergleichbarer Länder wie Schweden oder Österreich. Dass die Regeln dies heute sind, hatte der Bundesrat selbst in einem Bericht festgestellt.

Seine Kehrtwende, die er im November 2012 noch explizit abgelehnt hatte, begründet der Bundesrat mit der schlechteren wirtschaftlichen Situation der Rüstungsindustrie. Es werde weniger ausgeführt, und die Zahl neu bewilligter Geschäfte gehe zurück. Mehrere Betriebe bauten Stellen ab. Das kann laut Bundesrat die «Aufrechterhaltung der landesverteidigungsrelevanten industriellen Kapazität» gefährden.

Einzelprüfung verlangt

Die von bürgerlicher Seite eingebrachte SIK-Motion fordert eine deutlich lockerere Formulierung der Kriegsmaterialverordnung. Die Behörden sollen jeden Fall einzeln prüfen und nicht Ausfuhren in problematische Länder faktisch generell ausschliessen können.

Kriegsmaterial könnte beispielsweise auch in Ländern ausgeführt werden, in denen es zu schweren Menschenrechtsverletzungen kommt. Es würde genügen, dass das ausgeführte Material nicht für solche Verletzungen geeignet wäre. Solche Einzelfallprüfungen entsprechen internationalen Gepflogenheiten.

Der Bundesrat beantragt, die Motion mit sämtlichen Lockerungen anzunehmen. Kommt diese durch beide Parlamentskammern, will er den verbindlichen Auftrag aber nicht voll erfüllen. Es gelte, mit der Anpassung nicht den Menschenrechtsschutz und die humanitäre Tradition der Schweiz preiszugeben. Wie er sich die Umsetzung genau vorstellt, präzisiert der Bundesrat indes nicht.

Der Ständerat wird in der kommenden Herbstsession als Erstrat über die Motion entscheiden.

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