Sich ärgern über die knappen Niederlagen gegen die Schweiz und Frankreich? Nein, die mit einer grossen Portion Swissness ausgestatteten Albaner geniessen nach dem 1:0-Sieg gegen Rumänien den Moment.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Albaniens Spieler aus der Garderobe kamen. Sie hatten auch guten Grund dazu, die Dinge erst einmal sacken zu lassen, sich im Kreis der Mannschaft darüber zu freuen, was sie gerade geschafft hatten. Als grosse EM-Aussenseiter errangen sie im dritten Gruppenspiel den ersten Sieg Albaniens an einer Endrunde. Sie wahrten sich damit die theoretischen Chancen, dass das Turnier noch nicht zu Ende ist.
Es liegt nun an den Gegnern, deren Ergebnisse in den anderen Gruppen darüber entscheiden, ob das Unmögliche noch Tatsache wird und die Albaner bei ihrer ersten EM-Teilnahme den Einzug in die Achtelfinals schaffen. Die Chancen sind ziemlich klein, aber sie sind da.
Darüber wollten sich die Albaner im Moment des Sieges aber nicht den Kopf zerbrechen. Auch nicht darüber, dass sich ihnen in den Spielen zuvor gegen die Schweiz (0:1) und Frankreich (0:2 nach 0:0 bis zur 90. Minute) Chancen geboten hätten, den mutmasslich fürs Weiterkommen nötigen Zusatzpunkt zu holen. Denn, so sagte Siegtorschütze Armando Sadiku im Moment des Triumphs, «das ist der grösste Tag im albanischen Fussball und der schönste in meinem Leben». Mit einem Kopfball in der 43. Minute hatte der in der abgelaufenen Saison vom FCZ an Lugano ausgeliehene Sadiku den Sieg bewerkstelligt.
Auch sein Thurgauer Teamkollege Amir Abrashi, der mit dem SC Freiburg in der abgelaufenen Saison in die Bundesliga aufgestiegen ist, schwärmte: «Was wir hier geleistet haben, ist fantastisch. Wir machten es keinem Gegner leicht, auch Frankreich nicht. Und wir schlagen Rumänien. Wahnsinn. Das hätte uns niemand zugetraut. Es wird wohl eng für die Achtelfinals, aber verdient hätten wir es.» Köln-Profi Mergim Mavraj meinte völlig zu Recht, dass man «jetzt einfach den Moment geniessen» dürfe.
Für Arlind Ajeti, den gebürtigen Basler, der in Italien bei Frosine unter Vertrag steht, fühlte sich der Sieg vielleicht gar noch eine Prise süsser an. Nach dem Frankreich-Match, in welchem der in Lausanne aufgewachsene Captain und Abwehrchef Lorik Cana eine Sperre absass, gehörte er gegen Rumänien überraschend wieder zum Stammpersonal und wurde von der UEFA prompt zum «Man of the Match» gewählt.
Es hätte auch andere Kandidaten für die Auszeichnung gegeben. Etwa Ledian Medushaj, der im Mittelfeld eine ganz starke Partie ablieferte. Oder Sadiku, der einige Male etwas hölzern wirkte, aber zur richtigen Zeit am richtigen Ort stand und das Richtige tat. Nicht zu vergessen der italienische Coach Gianni Di Biasi, der mit seinem taktischen Geschick die Limiten der Albaner nach oben verschob.
Der grösste Trumpf dieser albanischen Überraschungsmannschaft aber ist: die Mannschaft. «Kämpfen, kämpfen, kämpfen – einfach kämpfen, jeder für jeden», antwortete Abrashi auf die Frage nach dem Erfolgsrezept. Es ist ein Rezept, das die Albaner zum überaus zähen Widersacher in der Gruppe A machte.