François Carrard, der Westschweizer Präsident der FIFA-Reform-Task-Force, bricht in einem Interview gegenüber «Le Matin Dimanche» eine Lanze für den scheidenden FIFA-Präsidenten Sepp Blatter.
«Blatter wird ungerecht behandelt. Und ich betone dies in aller Unabhängigkeit. Sicher hat er auch Fehler begangen. Aber Blatter hat auch viele positive Elemente eingebracht», betont Carrard.
Der Schweizer Anwalt hat laut eigenen Angaben die Anklageschrift der amerikanischen Justizbehörden im Zusammenhang mit Korruption beim Weltfussballverband vorliegen. «Darin findet sich kein einziges Wort gegen Blatter. Nichts. Ich habe keine Kenntnis von Indizien der Korruption gegen Blatter.»
Die FIFA selbst befände sich indes sehr wohl in einer schweren Krise und habe beträchtliche Schläge eingesteckt. Carrard stuft es indes als unrealistisch ein, die FIFA «von einem Nullpunkt aus» umzugestalten. «Wenn die FIFA verschwindet, ist der Fussball tot. Er würde in die Hände der Mafia gelangen.» Auch deshalb sei bei der Aufarbeitung «Realpolitik» gefragt.
Der frühere IOC-Generaldirektor Carrard war vor zwei Wochen zum Präsidenten der FIFA-Reform-Task-Force ernannt worden. Der 77-Jährige leitet das 14 Personen umfassende Gremium, das bis zum FIFA-Kongress am 26. Februar 2016 Vorschläge für weitreichende strukturelle Erneuerungen im skandalumwitterten Weltverband machen soll.
Der renommierte Jurist wurde nach Konsultationen der sechs Kontinentalverbände berufen. Im IOC war er unter anderem massgeblich an der Aufarbeitung des Korruptionsskandals um die Vergabe der Winterspiele 2002 an Salt Lake City beteiligt gewesen.