Die Einführung von Fallpauschalen zur Finanzierung von Spitalleistungen hat nicht zu blutigen Entlassungen geführt. Dies belegen der Spitalverband H+ und die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH mit einer Studie.
Die Studie zeigt auf, dass vor und nach einem Spitalaufenthalt nur leicht mehr Leistungen und Kosten in den ambulanten Bereich verschoben wurden, seit die Fallpauschalen 2012 eingeführt worden sind.
Bei der Analyse von Zahlen der Helsana-Versicherung aus dem Jahr 2012 stellten die Studienautoren fest, dass die Patienten dabei vor allem in Praxen von Spezialisten und weniger von Hausärzten ambulant behandelt wurden, wie sie am Montag in Bern bekannt gaben.
Millionen-Einsparungen
Die Studienautoren gehen davon aus, dass durch diese teilweise Verlagerung von stationären Leistungen in den ambulanten Bereich derzeit rund 91 Millionen Franken eingespart werden konnten: Die zusätzlichen ambulanten Kosten schätzen die Autoren auf 27 Millionen Franken. Unter dem Strich könnten so rund 64 Millionen Franken eingespart werden.
Durch die Verlagerungen gesamter Behandlungen in den ambulanten Bereich – etwa Meniskusoperationen oder Krampfadernbehandlungen – könnten rund 9 Millionen Franken eingespart worden. Weil Spitäler zusätzliche Kosten für Investitionen, Miete und Löhne geltend machen können, kosten dieselben Behandlungen im Spital rund 15 Prozent mehr.
Längerfristig entstehe durch die Einführung der Swiss DRG, der Fallpauschalen, ein Effizienzsteigerungspotenzial, sind die Studienautoren überzeugt. Durch eine kürzere Aufenthaltsdauer im Akutspital könnten jährlich über einer Milliarde Franken eingespart werden.
Im Unterschied zu stationären Leistungen, welche sich Krankenkassen und Kantone teilen, werden die Kosten ambulanter Behandlungen ganz von den Krankenkassen getragen. Je mehr ambulante Kosten anfallen, desto prämienwirksamer werden diese.
Keine blutigen Entlassungen
Die Resultate zeigen auch auf, dass es keine Leistungsverschiebungen in den Rehabilitationsbereich gegeben hat. Die Wahrscheinlichkeit einer stationären Rehabilitation nach einem Spitalaufenthalt blieb nach der Einführung der Swiss DRG, der Fallpauschalen, unverändert, wie die Autoren schreiben.
Allerdings verkürzte sich im Durchschnitt die Dauer einer Reha – je nach dem mit welchem Vor-DRG-System man vergleicht um bis zu zwei Tage. Dieser Trend habe aber schon vor der Einführung der Fallpauschalen eingesetzt, halten die Autoren fest. Und – je nach dem wie vor der Einführung der Fallpauschalen abgerechnet wurde – haben die Spitäler ihre Patienten kürzer bei sich behalten, wenn eine Reha folgte.
Finanzierung an zweiter Stelle
Von blutigen Entlassungen und einem Drehtüreffekt wollen weder H+ noch FMH wissen. «Die Resultate sprechen nicht von einer Leistungsverschiebung in den Reha-Bereich», erklärte Michael Lobsiger vom Studienteam aus der Abteilung Health Economics der Universität Basel und B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung AG.
«Ziel war es, die Ängste ernst zu nehmen und die Auswirkungen der Umstellung auf SwissDRG sauber zu evaluieren», erklärte H+-Direktor Bernhard Wegmüller den Zweck der Studie. Und er zeigte sich sehr zufrieden mit den Erkenntnissen. «In der Medizin bleibt die Medizin der primäre Treiber.»
FMH-Vizepräsident Pierre-François Cuénoud ist ebenfalls froh, dass «die Patienten vor den Finanzen kommen». Die Verschiebung in den ambulanten Bereich sei oft ein Wunsch der Patienten. Diese bevorzugten ausserdem möglichst kurze Spitalaufenthalte. Er warnt jedoch davor, die Ärzte finanziell zu bestrafen, wenn diese «ambulant vor stationär» fördern möchten.
Die Mehrleistung wie etwa der zusätzliche Dokumentationsaufwand der freipraktizierenden Ärzte müsse künftig mit berücksichtigt werden. Daher müsse das Tarmed-System revidiert werden, um Fehlanreize abzuschaffen. Er fordert mittelfristig leistungsgerechte Vergütungen ambulanter Leistungen und langfristig Komplexpauschalen zur Vergütung der medizinischen Leistungen über die gesamte Behandlungskette eines Patienten hinweg.