Die Schweiz und Indien kommen bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen nur zögerlich vorwärts. Bei einem Besuch in Indien hat sich Bundesrat Johann Schneider-Ammann mit seiner Amtskollegin Nirmala Sitharaman getroffen, um über das Abkommen zu sprechen.
Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung zeigte sich nach dem Treffen zuversichtlich. «Die Diskussionen sind gut verlaufen. Wir hoffen, bald auch die noch offenen Punkte zu klären», sagte WBF-Sprecher Erik Reumann am Freitag der Nachrichtenagentur sda.
Die Schweiz besteht darauf, dass ein mögliches Abkommen den Schutz des geistigen Eigentums regeln muss. Dieser Punkt hatte in der Vergangenheit die Pharmaindustrie auf die Barrikaden getrieben. Diese fordert Zusicherungen Indiens beim Patentschutz.
Für Schneider-Ammann stehe es ausser Frage, diesen Aspekt auszulassen, versicherte nun sein Sprecher. Der Bundesrat hatte Anfang 2014 verlauten lassen, er könne das Abkommen auch gegen den Willen der Pharmaindustrie durchsetzen.
Wirtschaftsfreundlichere Regierung
Die Regierung um den indischen Premierminister Narendra Modi habe ein grosses Interesse an einem Freihandelsabkommen mit der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), hielt Reumann fest. Denn Modi will Indien für ausländische Investitionen attraktiver machen. Im Vergleich zur Vorgängerregierung sei dies klar eine positive Entwicklung, hiess es von Seiten der Schweizer Delegation.
«Die Inder sprechen viel über Innovation. Sie sind sich durchaus bewusst, dass dafür ein guter Schutz des geistigen Eigentums nötig ist», sagte Reumann weiter. In diesem Sinne sei die Haltung der indischen Regierung zufriedenstellend für die Schweiz. Laut dem Sprecher des Wirtschaftsdepartements ist es aber noch zu früh, um die Chancen für eine rasche Unterzeichnung des Abkommens zu beurteilen.
Steuerfragen noch ungeklärt
Die Beziehungen zwischen Indien und der Schweiz werden zudem seit Monaten von Fragen zur Steuerhinterziehung belastet. Bei seinem Besuch in Indien sprach Schneider-Ammann mit Finanzminister Arun Jaitley über undeklarierte indische Vermögen auf Schweizer Bankkkonten. Delhi verfügt über eine Liste von 627 Personen, die der Steuerhinterziehung verdächtigt werden.
Die Daten basieren auf einer gestohlenen Kundenliste der Bank HSBC. Bern weigert sich jedoch, Informationen auf der Basis von gestohlenen Dokumenten herauszugeben. Im Moment sind daher die indischen Nachfragen blockiert.
Schneider-Ammann habe die Position des Bundesrats in dieser Sache dargelegt, sagte Reumann. So habe er etwa an die Bemühungen der Schweiz in diesem Gebiet erinnert, etwa bei der Anpassung an OECD-Normen. Weiter will der Bundesrat beim Umgang mit gestohlenen Daten nochmals über die Bücher und dem Parlament Vorschläge dazu unterbreiten.
Laut Reumann zeigte sich Indien empfänglich für die Bemühungen der Schweiz. Ohnehin habe Indien einen möglichen Freihandelspakt und die Fragen zum Steuerbetrug nie miteinander in Verbindung gebracht.
Indien interessiert an Schweizer Berufsbildungssystem
Ein weiteres Thema beim Besuch in Indien stellte die Berufsbildung dar. Die Schweizer Delegation traf sich mit dem Minister für Bildung und Unternehmertum Rajiv Pratap Rudy. «Die Inder sind sehr interessiert am Schweizer Modell der Berufsbildung», erklärte Reumann. «Sollten sie dieses übernehmen, so wäre das ein Plus für Schweizer Firmen, die sich in Indien niederlassen wollen.»
Die Schweiz will deshalb die Zusammenarbeit in diesem Gebiet intensivieren. «Wir sind allerdings noch am Anfang dieses Prozesses», relativiert Neumann.