US-Aussenminister John Kerry hat Regierung und Opposition in Ägypten zur Zusammenarbeit aufgefordert. Beide Seiten müssten aufeinander zugehen und „bedeutsame Kompromisse“ machen, um die politische Spaltung des Landes zu überwinden, sagte Kerry am Samstag bei seinem Antrittsbesuch in Kairo.
Kerry sagte, angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen das Land stehe, sei eine Einigung zwischen den politischen Konkurrenten unerlässlich. Bei seinem Treffen mit Präsident Mohammed Mursi wolle er über Wege sprechen, wie die USA bei der Bewältigung seiner Wirtschaftskrise helfen könnten, kündigte er an.
Zugleich betonte Kerry nach einem Gespräch mit dem ägyptischen Aussenminister Mohammed Kamel Amr, die USA wollten sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischen. „Wir sind als Freunde des ägyptischen Volkes hier – nicht für eine Regierung, nicht für eine Person oder eine Partei oder eine Ideologie, sondern für das ägyptische Volk“, sagte er.
Nach Angaben lokaler Medien ging es am Sonntag bei seinen Gesprächen mit Präsident Mohammed Mursi und Verteidigungsminister Abdelfatah al-Sisi auch um den Waffenschmuggel in den palästinensischen Gazastreifen und die Rechtlosigkeit auf der Sinai-Halbinsel, die an Israel grenzt.
Treffen mit Opposition
Kerry traf sich am Samstag auch mit Vertretern der Opposition, darunter dem früheren Chef der Arabischen Liga, Amr Mussa, der zu den Anführern der oppositionellen Nationalen Heilsfront gehört. Er telefonierte auch mit einem weiteren Vertreter der Bewegung, Mohammed El Baradei, der ein persönliches Treffen abgelehnt hatte.
In Ägypten protestieren seit Monaten Regierungskritiker gegen den islamistischen Präsidenten Mursi. Am Sonntag warfen Demonstranten Steine und Brandsätze auf eine Polizeiwache in Port Said. Die Polizei setzte Tränengas ein.
Die Demonstration richtete sich gegen die Entscheidung des Innenministeriums, 39 Häftlinge aus der Stadt zu verlegen. Es handelt sich dabei um Angeklagte in dem Prozess um tödliche Fussballkrawalle in der Stadt im Februar 2012. Die Urteile gegen sie sollen am nächsten Samstag fallen.
Todesurteile gegen 21 weitere Angeklagte hatten im Januar zu schweren Unruhen mit mindestens 40 Toten geführt. Bereits am Freitagabend war bei Zusammenstössen zwischen Polizei und Demonstranten in Mansura ein Demonstrant getötet worden.
Klagen abgewiesen
Unterdessen wies das ägyptische Verfassungsgericht mehrere Klagen gegen die Zusammensetzung der Verfassunggebenden Versammlung ab, wie die amtliche Nachrichtenagentur Mena am Sonntag berichtete. Die Beschwerden richteten sich gegen die Auswahl der Mitglieder der Versammlung, die von Islamisten dominiert wurde und die umstrittene neue Verfassung ausarbeitete. Weitere Klagen sind noch anhängig.
Ab dem 13. April muss sich laut Mena Ägyptens ehemaliger Präsident Husni Mubarak erneut vor Gericht verantworten. Der Prozess um den gewaltsamen Tod von mehr als 800 Demonstranten, in dem Mubarak zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, wird demnach neu aufgerollt. Neben Mubarak kommen auch seine Söhne Gamal und Alaa sowie weitere Angeklagte erneut vor Gericht.