Bei den Gesprächen über das iranische Atomprogramm hat sich kurz vor Ende der Frist am Dienstag um Mitternacht noch kein Durchbruch abgezeichnet. US-Aussenminister John Kerry sagte am Montagabend in Lausanne dem TV-Sender CNN, es gebe «noch immer schwierige Punkte».
Laut Kerry zeichnete sich eine lange Nachtsitzung der Verhandlungsparteien ab. «Wir arbeiten sehr hart, um sie zu lösen, wir werden bis spät in die Nacht und morgen arbeiten, mit dem Ziel etwas zu erreichen.» Alle wüssten, «welche Bedeutung der morgige Tag hat».
Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, die Verhandlungen seien in einer «kritischen Phase»; die Verhandlungen würden «jedoch mit grosser Intensität fortgeführt».
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hatte zuvor den Kreis der Aussenminister in Lausanne verlassen und war nach Moskau zurückgekehrt, wie eine Sprecherin mitteilte. Falls es realistische Aussichten auf eine Vereinbarung gebe, werde er am Dienstag zurückkehren.
Die Aussenminister der 5+1-Gruppe aus den UNO-Vetomächten und Deutschland sowie ihr iranischer Kollege Mohammed Dschawad Sarif tagten am Montag in Lausanne zunächst in grosser Runde. Anwesend waren Steinmeier, Kerry, Lawrow, Laurent Fabius aus Frankreich, Philip Hammond aus Grossbritannien, Wang Yi aus China sowie die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini. Später wurde dann zunächst auf Expertenebene weiter diskutiert.
Seit zwölf Jahren andauernder Konflikt
In dem seit mittlerweile rund zwölf Jahren andauernden Konflikt geht es im Kern um die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass der Iran Atomkraft zivil nutzen, jedoch keine Atomwaffen entwickeln kann. Teheran hat diese Absicht stets bestritten.
Im Gegenzug fordert die Islamische Republik die Aufhebung westlicher Wirtschaftssanktionen. Ein Ergebnis wäre ein wichtiger Baustein für mehr Stabilität im Nahen Osten.
Seit dem Wochenende verhandeln die Aussenminister der UNO-Vetomächte sowie Deutschland mit den iranischen Vertretern in Lausanne. Die selbst auferlegte Frist für eine Grundsatzeinigung endet am Dienstag, 31. März um Mitternacht. Bis zum Sommer soll ein umfassendes Abkommen ausgearbeitet werden.
Die USA halten sich die Möglichkeit einer Verlängerung der Atomgespräche mit dem Iran auch über die selbst gesetzte Frist hinaus offen. US-Aussenministeriumssprecherin Marie Harf sagte am Montag: «Wenn wir bis morgen Nacht zu keiner Übereinkunft kommen, werden wir den Weg vorwärts prüfen und sehen müssen, wo wir stehen. Und dann werden wir Entscheidungen treffen.»
Auch eine Frage des Nationalstolzes
In den Fokus rücken dabei zunehmend politische Fragen, wie es aus Verhandlungskreisen hiess. Knackpunkte sind vor allem die Laufzeit der gesamten Einigung und die Frage, wie umfassend die iranischen Atomaktivitäten künftig überwacht werden sollen – letzteres ist für Teheran auch eine Frage des Nationalstolzes.
Umstritten ist zudem, wie schnell Sanktionen im Falle einer Einigung aufgehoben werden sollen. Teheran fordert rasche und umfassende Sanktionserleichterungen. Von den zahlreichen Massnahmen will der Westen hingegen vor allem die UNO-Restriktionen möglichst lange aufrecht erhalten, da sie den Transfer von Atomtechnologie in den Iran einschränken. Weitere Sanktionen betreffen etwa den Ölexport und iranische Konten im Ausland.
Kritik an den Verhandlungen
Kritik an den Verhandlungen gibt es unter anderem im republikanisch geführten US-Kongress und bei den US-Verbündeten am Golf, allen voran Saudi-Arabien. Als schärfster Gegner eines Atomabkommens zeigte sich erneut der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Er kritisierte eine mögliche Einigung als «Belohnung für die Aggressivität des Irans».
In den Beziehungen zwischen den USA und dem Iran, die 35 Jahre lange verfeindet waren, wäre eine Einigung hingegen ein historischer Schritt.