US-Aussenminister John Kerry hat Ägyptens Interimsregierung Unterstützung zugesagt. «Wir werden unsere Zusammenarbeit mit der Übergangsregierung fortsetzen», sagte er am Sonntag in Kairo.
Die Visite Kerrys war der erste Besuch eines hohen US-Regierungsvertreters seit dem Sturz des islamistischen Staatschefs Mohammed Mursi vor genau vier Monaten. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem ägyptischen Kollegen Nabil Fahmi mahnte Kerry aber auch «inklusive, freie und faire Wahlen» an.
Am Montag sollte in Kairo der Prozess gegen den gestürzten Präsidenten Mursi beginnen. Zu dem Fall äusserte sich Kerry in der Öffentlichkeit zunächst nicht. Auch zur gewaltsamen Niederschlagung von Protesten der Mursi-Anhänger durch die Sicherheitskräfte nahm er nicht direkt Stellung, verurteilte stattdessen generell «jede Gewalt gegen Kirchen, Gläubige, auf dem Sinai und in den Strassen des Landes».
Mursi muss sich ab Montag vor Gericht wegen «Anstiftung zum Mord» verantworten, ihm wird der Tod von sieben Demonstranten im Dezember vergangenen Jahres zur Last gelegt. Amnesty International erklärte den Prozess am Sonntag zum «Test», ob die Übergangsregierung in Kairo die Menschenrechte respektiere. Die Justiz müsse gewährleisten, dass sich Mursi äussern könne, und dass er «die Beweise, die gegen ihn vorgelegt werden, anfechten kann», erklärte die Menschenrechtsorganisation.
Scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Dass der gestürzte Präsident an einem geheimen Ort festgehalten werde, sei bereits «eine schwere Verletzung der Menschenrechte». Der Prozess, der nun beginne, dürfe unter keinen Umstände ohne Mursis Anwesenheit geführt werden, erklärte Amnesty.
Die Organisation Human Rights Watch (HRW) warf der vom Militär eingesetzten Übergangsregierung vor, nach dem Tod dutzender Demonstranten keine Ermittlungen zu führen. Am 6. Oktober waren bei Zusammenstössen zwischen Mursi-Anhängern und Sicherheitskräften mindestens 57 Demonstranten getötet worden.
Eine unverhältnismässige Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte sei «nicht neu», erklärte HRW-Vizedirektor Joe Stork. «Aber inzwischen schiessen sie, als hätten sie keine Angst, sich für ihre Handlungen rechtfertigen zu müssen.»