Die erste Runde direkter Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern seit fast drei Jahren ist offenbar erfolgreich verlaufen. US-Aussenminister John Kerry zog am Dienstag in Washington in Anwesenheit der Verhandlungsführer beider Seiten eine positive Bilanz.
Kerry kündigte an, dass die nächste Verhandlungsrunde innerhalb von zwei Wochen in Israel oder dem Westjordanland stattfinden solle. Zudem werde Israel bereits in den nächsten Tagen Schritte einleiten, um die Lebenssituation der Menschen im Westjordanland und im Gaza-Streifen zu verbessern.
Zuvor hatten sich beide Seiten erstmals seit Herbst 2010 wieder direkt gegenüber gesessen. Auch US-Präsident Barack Obama und sein Vize Joe Biden trafen mit den Verhandlungsführern Israels und der Palästinenser zusammen. Mit dieser Geste demonstrativer Aufwertung wollte Obama offenbar deutlich machen, dass Kerry seine Vermittlungen mit voller Rückendeckung des Präsidenten unternimmt.
Kernthemen liegen auf dem Tisch
Kerry mahnte beide Seiten, für eine tragfähige Friedenslösung bleibe nicht mehr viel Zeit. Zugleich bekräftigte er, der Zeitplan, eine Friedensvereinbarung innerhalb von neun Monaten zu erreichen, sei ambitioniert, aber erreichbar. «Alle Kernthemen liegen auf dem Verhandlungstisch», sagte Kerry.
Die Gespräche in Washington sind auf neun Monate angesetzt und werden auf israelischer Seite von Justizministerin Tsipi Livni geführt. Die Palästinenser-Delegation wird vom langjährigen Chefunterhändler Saeb Erekat geleitet.
Am Montagabend trafen sich beide Delegationen erstmals zu einem Abendessen auf Einladung Kerrys. Die direkten Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern lagen fast drei Jahre lang auf Eis, nachdem sich Israel im September 2010 geweigert hatte, den Baustopp für israelische Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten aufrecht zu erhalten.
Unterschriftsreife Lösungen
In den kommenden neun Monaten sollen den neuen Plänen zufolge in den Hauptstreitpunkten unterschriftsreife Lösungen erarbeitet werden. Dazu zählen der künftige Status Jerusalems, die Grenzziehung und der Siedlungsbau innerhalb des Westjordanlandes. Heftig umstritten ist auch die palästinensische Forderung nach einem Rückkehrrecht für die Nachfahren der nach der Staatsgründung Israels vor 65 Jahren vertriebenen oder geflohenen Palästinenser.
Am Ende der Verhandlungen soll eine Vereinbarung stehen, die einen lebensfähigen palästinensischen Staat schafft und es zugleich Israel erlaubt, in sicheren Grenzen zu existieren.
Beide Seiten akzeptieren die Formel zur Zwei-Staaten-Lösung im Grundsatz. In den konkreten Fragen gibt es bislang aber kaum überbrückbare Differenzen.
Risse in Israels Regierung
Die israelische Verhandlungsführerin Livni räumte etwa ein, in ihrer Regierung gebe es «Minister, die kein Friedensabkommen erreichen wollen». Diese lehnten eine Zwei-Staaten-Lösung ab und hofften auf ein Scheitern der Gespräche.
So sagte etwa der stellvertretende Aussenminister Seev Elkin, Mitglied des Likud-Blocks von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, im Radio, er habe «eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit» mit Livni. Durch ein Friedensabkommen ausgelöste Veränderungen seien für Israels Sicherheit «nicht unbedingt positiv» und könnten die Lage verschlechtern.
Eine endgültige Vereinbarung dürfe keinen einzigen Israeli auf dem Boden eines künftigen Palästinenser-Staates vorsehen, sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor Journalisten in Kairo. Israel hat im Vorfeld der Gespräche deutlich gemacht, dass es auch im Zuge einer Zweistaatenlösung die Sicherheitshoheit bis zur jordanischen Grenze entlang des Jordan-Flusses beansprucht.