Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un ist am Freitag den Feierlichkeiten zum 69. Jahrestag der Gründung der regierenden Arbeiterpartei ferngeblieben. Damit nährte er weitere Spekulationen über seinen Gesundheitszustand und seine politische Zukunft.
Südkorea vertrat die Auffassung, dass Kim weiter fest im Sattel sitze, und die nordkoreanischen Staatsmedien feierten ihn als ein Beispiel für «Würde und Unbesiegbarkeit».
Auf der von der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA verbreiteten Gästeliste zum alljährlichen Besuch des Kumsusan-Mausoleums am 10. Oktober in der Hauptstadt Pjöngjang fehlte Kims Name.
Das Mausoleum ist seinen beiden Vorfahren und Vorgängern an der Spitze des Staates gewidmet: seinem Vater Kim Jong Il und seinem Grossvater Kim Il Sung.
Zu Füssen der beiden überlebensgrossen Bronzestatuen von Kim Il Sung und Kim Jong Il am Grossmonument Mansudae zu Ehren des Kampfes gegen die japanische Besatzung im 20. Jahrhundert befand sich am Freitag allerdings eine Blumengarbe mit dem Namen des abwesenden Machthabers. An den Zeremonien nahm die faktische Nummer zwei der nordkoreanischen Staatshierarchie, Hwang Pyong So, teil.
Letzter Auftritt Anfang September
Kim, der 30 oder 31 Jahre alt sein soll, war zuletzt Anfang September in der Öffentlichkeit gesehen worden. Damals besuchte er mit seiner Frau Ri Sol Ju ein Konzert in Pjöngjang. Kims wochenlange Abwesenheit bei öffentlichen Ereignissen führte zu zahlreichen Vermutungen über mögliche Hintergründe.
Südkorea distanzierte sich unterdessen von Mutmassungen, Kim könnte politisch geschwächt sein. Ein Sprecher des südkoreanischen Wiedervereinigungs-Ministeriums sagte, laut den nordkoreanischen Medien übe Kim sein Amt wie gewohnt aus. Über seinen Gesundheitszustand lägen der Regierung in Seoul keine spezifischen Geheimdienstinformationen vor, fügte der Sprecher hinzu.
Im Leitartikel der nordkoreanischen Parteizeitung «Rodong Sinmun» hiess es, Kim stehe für die Unbesiegbarkeit der Partei und ihrer Macht. Seine Autorität müsse mit allen Mitteln geschützt werden.
Protest-Aktion in Südkorea
Südkoreanische Aktivisten liessen aus Anlass des Feiertags im Nachbarland zehn heliumgefüllte Ballons mit Flugblättern über die schwer gesicherte Grenze fliegen. In den nach Angaben der Aktivisten etwa 200’000 Flugblättern wurde zum Sturz der «erblichen Kim-Diktatur» und zur Rebellion gegen das Leid in einer «lebenden Hölle» aufgerufen.
Die beiden koreanischen Staaten befinden sich nach dem Ende des Koreakrieges 1953 formal noch immer im Kriegszustand. Die Beziehungen waren zuletzt wieder stark angespannt. Die Regierung in Pjöngjang zeigte sich verärgert über mehrere Militärmanöver Südkoreas mit den USA. Sie führte daraufhin mehrere Raketentests aus, was von Seoul und seinen westlichen Verbündeten scharf verurteilt wurde.