Wenige Tage nach der Abreise von Papst Franziskus aus Brasilien hat Präsidentin Dilma Rousseff ein von der Kirche kritisiertes Gesetz ratifiziert, dass Opfer sexuellen Missbrauchs besser schützt. Die linksgerichtete Politikerin setzte das Gesetz am Donnerstag ohne jegliche Einwände in Kraft, wie ihr Büro mitteilte.
Damit sind künftig kostenlose Notbehandlungen für Missbrauchsopfer in öffentlichen Spitälern und die Ausgabe von Medikamenten wie der «Pille danach» erlaubt, um ungewollten Schwangerschaften vorzubeugen.
Die katholische Kirche und einige konservative Gruppierungen hatten die Staatschefin dazu gedrängt, zumindest einige der umstrittensten Passagen im Gesetzestext zu modifizieren. Kritiker sehen die Rechtsänderung als ersten Schritt hin zu uneingeschränkt legalen Abtreibungen, die bislang nur bei Vergewaltigungsfällen erlaubt sind oder dann, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist.
Einige besonders radikale Evangelikale hatten sogar gewarnt, Rousseff mit einer Kampagne vor den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr das Leben schwer zu machen, falls sie ihren Forderungen nicht nachkommen sollte. Zwei Drittel der 194 Millionen Einwohnern Brasilien sind Katholiken, mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Das nationale Abtreibungsrecht ist ein traditionelles Streitthema und wurde schon im Wahlkampf 2010 hitzig debattiert. Rousseff hatte auf Druck christlicher Glaubensgruppen darauf verzichtet, Schwangerschaftsabbrüche straffrei zu machen und damit den Zorn von Feministinnen und eines Teils der politischen Linken auf sich gezogen.