Die katholische Kirche schickt ihren Verlags- und Buchhandelskonzern Weltbild in die Pleite. Angesichts unerwartet hoher Verluste drehten die deutschen Bistümer und die Hausbanken dem Unternehmen mit 6300 Beschäftigten den Geldhahn zu.
Weltbild stellte daraufhin am Freitag Insolvenzantrag beim Amtsgericht am Firmensitz in Augsburg. Weltbild ist in Deutschland mit seinem Partner Hugendubel der zweitgrösste Buchladenbetreiber nach Thalia und mit seinen Online- und E-Book-Angeboten ein wichtiger Konkurrent des US-Konzerns Amazon. Das bayerische Unternehmen hat das Tempo des digitalen Umbruchs in der Branche unterschätzt.
Der Geschäftsbetrieb soll nun unter dem Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz fortgeführt werden, der Sanierungsmöglichkeiten prüft. Der Wirtschaftsprüfer wurde als Insolvenzverwalter der Drogeriekette Schlecker bekannt.
Einen Insolvenzantrag stellte nach Firmenangaben ausschliesslich die Konzernholding. Die Filialen, die Internet-Tochter buecher.de und die Gesellschaften in Österreich und der Schweiz seien nicht betroffen.
Weltbild Schweiz nicht in den roten Zahlen
Dies bestätigte auch der Verlagsleiter der Weltbild GmbH mit Sitz in Olten SO, Lukas Heim, der Nachrichtenagentur sda. Man sei eine unabhängige Tochtergesellschaft. Weltbild Schweiz sei bislang erfolgreich unterwegs gewesen, hielt er fest: «Wir sind nicht in den roten Zahlen.» Man sei schon bisher sehr unabhängig von Augsburg gewesen und mache verschiedene Schweizer Produktionen. «Unter dem Strich hat Augsburg von uns profitiert.»
Die Weltbild GmbH in Olten müsse nun die Bezugswege neu organisieren. Die Insolvenz des Mutterhauses sei eine erste Auswirkung des Onlineversandanbieters Amazon. Man müsse sich mit einem globalen Unternehmen messen.
Weltbild zählt zu den grössten Medienversendern in der Schweiz. Die 100-prozentige Tochter des Weltbild-Verlags Augsburg operiert seit 1988 von Olten aus und beschäftigt rund 250 Mitarbeitende.
Kirche nicht bereit mehr Geld auszugeben
An Weltbild beteiligt sind der Verband der Diözesen Deutschlands, zwölf einzelnen Diözesen und die Soldatenseelsorge Berlin. Sie waren nach Angaben von Verwaltungsratschef Peter Beer nicht mehr bereit, weitere Millionenbeträge in dreistelliger Höhe zuzuschiessen.
«Ein derart hoher finanzieller Aufwand kann zumal angesichts verbleibender erheblicher Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Entwicklung des Unternehmens von den Gesellschaftern nicht verantwortet werden.» Im Herbst seien Weltbild bereits 65 Mio. Euro bereitgestellt worden, nun aber seien 135 bis 160 Mio. Euro für die operative Sanierung und eine weitere dreistellige Millionensumme für die Entschuldung nötig.
Krise wegen Pornoliteratur
Zerrieben wird Weltbild seit Jahren zwischen den Moralvorstellungen der Kirche und wirtschaftlichen Zwängen. Mit Pornoliteratur fing vor knapp zweieinhalb Jahren der Niedergang des Weltbild-Verlages an. Dass ausgerechnet ein von der katholischen Kirche getragenes Medienunternehmen Geld mit Erotikangeboten oder Esoterikbüchern macht, sorgte für Schlagzeilen und stürzte die Augsburger Verlagsgruppe in eine tiefe Krise.
Als im Oktober 2011 das Erotikangebot bei Weltbild bekannt wurde, trat zunächst der von der Kirche entsandte Verwaltungsratsvorsitzende zurück. Dann preschte der Kölner Kardinal Joachim Meisner vor und verlangte eine Trennung von Weltbild. «Es geht nicht, dass wir in der Woche damit Geld verdienen, wogegen wir sonntags predigen», sagte er in einem Interview.
Doch nicht nur der Wirbel um Buchtitel wie «Zur Sünde verführt», «Schlampen-Internat» oder «Das neue Kamasutra» setzte dem Unternehmen zu. Im Wettbewerb mit Online-Gigant Amazon hatten es die Augsburger zunehmend schwer mit ihrem eher klassischen Katalog-Versandhandel.
Da nutzte es nichts, dass auch Weltbild ähnlich wie der grosse Internethandelskonkurrent längst nicht mehr nur Bücher, CDs und DVDs vertreibt – Brotbackautomaten oder Fitnesstrainer können die Kunden ebenso bei Weltbild ordern.