Argentiniens Präsidentin geht in die Offensive: Cristina Fernández de Kirchner will den Geheimdienst reformieren, weil sie ihm dunkle Machenschaften gegen die Regierung vorwirft. Aus ihrer Sicht waren Agenten in den mysteriösen Tod des Staatsanwalts Nisman verwickelt.
Das bisher als Geheimdienst fungierende «Secretaría de Inteligencia» (SI) soll demnach aufgelöst und durch eine Bundesagentur für Geheimdienste ersetzt werden, wie Kirchner am Montagabend (Ortszeit) in einer TV-Ansprache erklärte. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll dem Parlament vorgelegt werden.
Der bisherige Geheimdienst habe ganz offensichtlich nicht den nationalen Interessen gedient, sagte Kirchner. Sie hatte die Geheimdienste in den vergangenen Tagen mehrfach in Verbindung mit dem Tod Alberto Nismans gebracht hatte.
Die Reform sei eine «Schuld», die seit der Rückkehr Argentiniens zur Demokratie im Jahr 1983 bestehe, sagte Kirchner weiter. Die Führungsspitze der neuen Agentur soll nach Kirchners Plänen zwar weiter von der Regierung benannt werden, aber der Zustimmung des Senates bedürfen.
Kirchner angeklagt
Agenten des SI warf Kirchner vor, in «Komplizenschaft» mit Staatsanwälten und Journalisten, Angriffe und haltlose Klagen gegen sie zu führen. Vorige Woche hatte die Präsidentin im Zusammenhang mit Nismans Tod zudem von einer Kampagne gegen sie und die Regierung gesprochen und bestritten, dass der Tod des Sonderermittlers ein Selbstmord war.
Nisman hatte den Anschlag auf ein jüdisches Gemeindehaus von 1994 mit 85 Toten untersucht. Der Staatsanwalt warf Kirchner und Aussenminister Héctor Timerman in einer Anklage vor, sie wollten wegen einer Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen zum Iran die Strafverfolgung mutmasslicher iranischer Drahtzieher des Attentats vereiteln.
Todesumstände nicht restlos geklärt
Nisman war am 18. Januar tot in seiner Wohnung gefunden worden. Der 51-Jährige starb durch einen Schuss aus nächster Nähe in den Kopf. Die genauen Umstände des Todes sind bislang nicht geklärt. Erste Autopsie-Ergebnisse deuteten nach Angaben der Behörden auf Selbstmord hin. Allerdings wurde zwar neben Nisman die mutmassliche Waffe gefunden, an seinen Händen waren aber keine Schmauchspuren.
Viele Argentinier und auch die Opposition glauben deshalb, dass Nisman im Auftrag der Regierung ermordet wurde, weil diese seinen geplanten Parlamentsauftritt fürchtete.
Auch Kirchner erklärte am vergangenen Donnerstag, dass sie von einem Verbrechen ausgehe. Allerdings mutmasste die Präsidentin, Nisman sei ermordet worden, um ihr im Anschluss einen Vertuschungsskandal vorwerfen zu können. Beweise für ihre Theorie legte sie nicht vor, auch nannte sie keine konkreten Verdächtigen.
Vertrauter angeklagt
Die Pistole, die neben dem Toten gefunden worden war, soll ein Vertrauter Nismans dem Staatsanwalt gegeben haben. Diego Lagomarsino wurde deshalb am Montag angeklagt, wie Staatsanwältin Viviana Fein mitteilte.
Kirchners Kabinettschef garantierte derweil allen Journalisten im Land «volle Sicherheit». Nachdem ein mit dem Fall befasster Reporter Morddrohungen erhalten und aus Argentinien geflohen war, sagte Jorge Capitanich am Montag: «In Argentinien gibt es volle Sicherheit für alle Journalisten. Es gibt kein Hindernis für irgendeinen Journalisten, zu sagen, was er sagen will.»
Der Reporter Damian Pachter, der als erster über den Tod Nismans berichtet hatte, war am Wochenende nach Israel geflohen. Er sei in Argentinien verfolgt und sein Telefon abgehört worden, sagte er zu Kollegen. Er machte indirekt die Regierung von Präsidentin Kirchner verantwortlich.