Im zentralasiatischen Kirgistan ist ein langjähriger Oppositionsführer wegen Korruptionsvorwürfen festgenommen worden. Im Tagesverlauf gab es landesweit Proteste gegen die Festnahme.
Omurbek Tekebajew wurde am Sonntag am Flughafen der Hauptstadt Bischkek in Gewahrsam genommen, wie die Sicherheitsbehörden der ehemaligen Sowjetrepublik mitteilten. Der erbitterte Gegner von Präsident Almasbek Atambajew soll mindestens 48 Stunden lang festgehalten und zu einer Korruptionsaffäre bei einem grossen Telekommunikationsunternehmen befragt werden.
Tekebajew ist der Chef der linksgerichteten Ata-Meken-Partei und einer der schärfsten Kritiker einer umstrittenen Verfassungsreform, mit der im Dezember die Macht des Ministerpräsidenten gestärkt worden war. Kritiker vermuten, dass Staatschef Atambajew nach Ablauf seiner sechsjährigen Amtszeit auf den Posten des Regierungschefs wechseln will. Er hat dies wiederholt zurückgewiesen.
«Beginn der Unterdrückung»
Anhänger Tekebajews nannten die Vorwürfe im Rahmen von Korruptionsermittlungen «vollkommen konstruiert». Als Reaktion auf die Festnahme versammelten sich am Sonntagnachmittag rund tausend Menschen vor dem Sitz des Staatskomitees für Nationale Sicherheit (GKNB) in Bischkek, welches die Festnahme bekanntgegeben hatte.
«Freiheit für Tekebajew», riefen die Demonstranten. «Angesichts eines solchen Vorgehens der Behörden verlieren die Menschen die Geduld», sagte der Ata-Meken-Parlamentarier Kanybek Imanaljew vor den Demonstranten.
Die Festnahme stelle den «Beginn der Unterdrückung» in Kirgistan dar. Seinen Angaben zufolge wurden binnen einer Woche Strafermittlungen «ohne jegliche Grundlage» gegen drei Abgeordnete seiner Partei eingeleitet.
Proteste gab es auch in anderen Landesteilen. Imanaljew sagte, «tausende Oppositionsanhänger» aus allen Teilen des zentralasiatischen Landes seien bereits auf dem Weg nach Bischkek. Er warnte vor einem neuen «Putsch», sollte Tekebajew nicht freikommen.
Wahlen im Herbst
Im November steht in Kirgistan die Präsidentschaftswahl an. Der 58-jährige Tekebajew hat noch nicht verkündet, ob er antreten wird.
Die Spannungen zwischen Regierung und Opposition haben neun Monate vor dem Wahltermin aber bereits stark zugenommen. Anfang Februar wurden zwei Parteifreunde Tekebajews festgenommen und stundenlang zu Korruptionsvorwürfen befragt. Tekebajew forderte seinerseits Korruptionsermittlungen gegen den Präsidenten und Mitglieder seiner Familie.
Das überwiegend muslimische Kirgistan mit seinen sechs Millionen Einwohnern galt bisher als das demokratischste Land in Zentralasien – gleichzeitig aber auch als das politisch instabilste: In seiner 25-jährigen Unabhängigkeit wurden die Präsidenten der ehemaligen Sowjetrepublik zweimal durch Volksaufstände gestürzt, 2010 wurde das Land von blutiger ethnischer Gewalt erschüttert.