KKJPD-Präsident fordert Debatte über Verbot von Koran-Verteilaktion

Die Koran-Verteilaktion «Lies!» wird in der Schweiz mit Radikalisierung von jungen Menschen in Verbindung gebracht, ein Verbot gibt es aber nicht. Über ein solches will der Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) nun diskutieren.

Der oberste kantonale Justizdirektor, Hans-Jürg Käser, will die Koran-Verteilaktion «Lies!» ins Visier nehmen. (Archivbild) (Bild: sda)

Die Koran-Verteilaktion «Lies!» wird in der Schweiz mit Radikalisierung von jungen Menschen in Verbindung gebracht, ein Verbot gibt es aber nicht. Über ein solches will der Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) nun diskutieren.

«Es ist nachgewiesen, dass sich Leute in ihrem Umfeld radikalisiert haben. Deshalb sollte man ein Verbot prüfen, um gegen sie vorzugehen», sagte Hans-Jürg Käser in einem Interview, das die «Neue Zürcher Zeitung» am Donnerstag publizierte. Es seien nicht einfach fromme Männer, die mit der Koran-Verteilaktion in Städten ihr heiliges Buch verteilen würden. Dahinter verberge sich ein System.

Gegründet wurde die Organisation in Deutschland. In der Schweiz ist der Verein in allen grösseren Städten aktiv. Er gibt die kostenlosen Korane in Winterthur, Zürich, Basel, Bern und in der Romandie an Passanten ab. Wie viele Bücher bisher in der Schweiz verteilt wurden, ist nicht bekannt.

«Öffentlich ein Zeichen setzen»

Im vergangenen November hatte das deutsche Innenministerium die Aktion verboten. Der Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber sagte damals, er halte es für richtig, dass es in der Schweiz kein Organisationsverbot gebe wie in Deutschland. Übertriebene Verbote trieben Aktivitäten in den Untergrund, was die Arbeit der Strafverfolger erschwere und die Radikalisierung noch fördern könne.

Dieses Argument kontert Käser im Interview. Terrororganisationen wie al-Kaida seien in der Schweiz verboten und hier argumentiere auch niemand dagegen, obwohl es sich ebenfalls um eher lose Organisationen handle. «Zudem erweckt die Tolerierung von »Lies!« den Eindruck, als seien die Standaktionen in den Innenstädten anständig und legal. Das ist ein Problem.» Mit einem Verbot würde man öffentlich ein Zeichen setzen.

Strafverfahren gegen Personen

Ein Verbot setze aber voraus, dass man ähnliche Organisationen zuerst einmal definieren müsste. Die Religionsfreiheit sähe Käser durch ein Verbot nicht verletzt. Mitglieder der Koran-Verteilaktion hätten sich wiederholt dahingehend geäussert, dass sie sich nur an Gesetze halten würden, wenn diese kompatibel mit ihrem Glauben seien.

Untätig ist die Bundesanwaltschaft in Sachen Gratis-Korane aber nicht: Sie führt in Verbindung mit dem «Lies!»-Projekt verschiedene Strafverfahren gegen Personen. Dabei wird laut Bundesanwaltschaft mit Deutschland zusammengearbeitet. Kein Strafverfahren wird derzeit gegen juristische Personen wie Vereine oder Stiftungen geführt, wie die Bundesanwaltschaft am Donnerstag auf Anfrage sagte.

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