Gegen die Färöer spielt das Schweizer Nationalteam heute Abend in Luzern in der WM-Qualifikation um die Egalisierung eines Startrekords. Die Mannschaft von Vladimir Petkovic wirkt gefestigter denn je.
In Andorra hinterliessen die Schweizer keinen bestechenden Eindruck, eine Blamage blieb ihnen gleichwohl erspart. Nach nicht ganz störungsfreier Erfüllung der Pflicht bilanzierte Petkovic nüchtern, aber stolz: «Wir sind auf Platz 1 positioniert, das ist die Wahrheit, dort gehören wir hin.» Der EM-Titelhalter Portugal hat seit dem 0:2 beim Auftakt der Kampagne drei Punkte weniger vorzuweisen als die Auswahl Petkovics.
Die Sternstunde in der Startrunde vergoldete den Herbst bei erster Gelegenheit. Petkovic thematisiert den «positiven Zyklus», die Protagonisten auf dem Feld sprechen von einem «Flow». Profane Klubsorgen verschwinden während den SFV-Wochen aus dem Blickfeld. Ersatzspieler und Letztklassierte schlüpfen in Führungsrollen, Verlierer verwandeln sich über Nacht in Winner-Typen.
Mit dem Nationalteam verbinden der Stamm und auch weite Teile der zweiten Reihe seit dem Stimmungsumschwung im letzten Sommer eine vorwiegend erbauliche Ambiance. Petkovic pflegt auffällig oft von der «Positivität» zu sprechen, innerhalb des Teams beschwören sie den Spirit, schätzen Raum und Zeit, miteinander zu kommunizieren, das vereinzelt schwierige Tagesgeschäft im kleinen Kreis etwas aufzuarbeiten.
Respekt vorhanden
Zu besprechen gab es in den Tessiner Vorbereitungstagen einiges. Die Situation von Fabian Schär beispielsweise – der mit Abstand torgefährlichste Schweizer Verteidiger kam seit dem letzten internationalen Rendez-vous bei der TSG Hoffenheim während keiner Sekunde mehr zum Einsatz. Johan Djourou taumelt derweil mit dem HSV sieglos dem Abgrund entgegen, Mönchengladbachs Keeper Yann Sommer hat in der Bundesliga fünfmal hintereinander nicht mehr gewonnen. Stürmer Haris Seferovic ist in Frankfurt seit Anfang Oktober nur noch Kurzarbeiter.
Und doch versichert jeder der Betroffenen glaubhaft, den mühsamen Vereinsalltag erneut ausblenden zu können. Der Fokus passt, kräfteraubende Debatten sind im Campo Lugano keine auszumachen gewesen. Kurzum: Die Basis für eine Fortsetzung der Erfolgsserie liegt vor. Die Linie stimmt nach einem Frühling voller Fragezeichen wieder. «Der Prozess gibt uns recht, dass wir einige Tasten richtig bedient haben», sagt Petkovic.
Vor Egalisierung des Startrekords
Indizien für eine Trendumkehr liegen sieben Wochen vor dem Jahreswechsel keine vor. Wahrscheinlicher als ein Rückfall in die trüben Achtzigerjahre ist eine neue Bestmarke. Gewinnt die Nationalmannschaft auch ihre vierte Qualifikationspartie in Folge, egalisiert sie den 46 Jahre alten Rekord. In die Ausscheidungsphase zur EM 1972 sind die Schweizer zum bisher einzigen Mal in ihrer 111-jährigen Länderspielgeschichte mit vier Siegen gestartet.
Für den in dieser Beziehung überaus pragmatischen Coach ist der nächste Schritt nach vorne indes höher zu gewichten als der mögliche Rekord. Ihn interessiere primär das sportliche Gesamtergebnis, «das richtige Signal gegen innen und aussen» – oder vereinfachter formuliert: die nächsten drei Punkte, die nächste Bestätigung der Favoritenrolle.
21 Spiele ohne Fehltritt
In der jüngeren Vergangenheit zumindest haben sich die Schweizer im WM-Vorprogramm fast keine Auszeit mehr geleistet. Seit der epochalen 1:2-Heimniederlage gegen Luxemburg vor über acht Jahren hat das SFV-Ensemble 21 WM-Qualifikationsspiele ohne Fehltritt aneinandergereiht. Aussenseitern unterlagen die Schweizer in den letzten beiden Dekaden nur höchst selten, die Bilanz nach 360 Wettkampfminuten gegen die Färinger ist makellos.
In seiner Ansprache wird Petkovic das 0:6 der Nordländer gegen Portugal relativieren. Die übrigen zwei Auftritte der Färöer, das torlose Remis gegen Ungarn und der 2:0-Sieg in Lettland, würden das Potenzial der Weltnummer 74 besser abbilden.