Nach dem K.o. ist vor dem nächsten Kampf. Auf dem Weg zum dritten Champions-League-Triumph wird der FC Bayern Veränderungen brauchen. Barça könnte ein Vorbild sein.
Jetzt erst recht! Stolz, angriffslustig, fast schon euphorisch rief Pep Guardiola gegen Mitternacht sein «Projekt» 2016 aus. «Wir werden es wieder versuchen in der Zukunft», versicherte der durch das Halbfinal-Aus gegen seine alte Liebe FC Barcelona noch zusätzlich angestachelte Bayern-Trainer.
Das dritte – und Stand jetzt – letzte Münchner Jahr soll den Fussball-Starcoach nach mühsamer Sommerarbeit zum ersehnten grossen Ziel bringen. «Jetzt will ich die Meisterschaft feiern, dann Urlaub machen, dann die neue Saison vorbereiten. Ich hoffe, dann können wir besser spielen», erklärte Guardiola. Und 2016 die Champions-League-Trophäe holen.
Statt mit zwei Berliner Endspielen in Pokal und Champions League die Saison glorreich zu beenden, trudelt die Münchner Spielzeit nach den Halbfinal-Schlappen gegen Lionel Messis Barça und Borussia Dortmund mit dem bedeutungslosen Liga-Alltag in Freiburg und gegen Mainz aus. Analyse und mögliche Neuausrichtung des Kaders werden die Münchner weitaus länger und intensiver beschäftigen.
Schwierige Zukunftsfragen bei den Bayern
Ausgerechnet der über zwei Spiele betrachtet eine Klasse stärkere FC Barcelona könnte eine Blaupause sein. Als vor zwei Jahren die Ära des früheren Guardiola-Ensembles nach den Triumphen 2009 und 2011 durch die Bayern-Demütigung beim 0:4 und 0:3 beendet schien, zogen die Verantwortlichen in Katalonien siegbringende Schlüsse. Für gigantische Summen gönnte sich Barça die Weltstars Luis Suarez und Neymar – sie bilden den heutigen Wundersturm mit Messi. Dazu wurde der Generationswechsel eingeleitet, bei dem eine Ära wie die von Club-Ikone Xavi würdevoll dem Ende entgegengeführt wird. Nun steht das Team vor einem Triple, wie es Bayern 2013 gewann: Es fehlt überall, in Champions League, Meisterschaft und spanischem Pokal, nur noch ein Sieg.
Die Bayern-Bosse um Rummenigge stehen vor unangenehmen Zukunftsfragen. Über 150 Millionen Euro wie Barcelona vor einem Jahr werden sie auch bei diesjährigen Königsklassen-Einnahmen von über 60 Millionen kaum in die Hand nehmen. Das schon jetzt üppige und kostspielige Kader kann ohne Abgänge nicht einfach so aufgemotzt werden. Mit verdienten Stars wie Bastian Schweinsteiger (30) soll feinfühlig umgegangen werden. Und ein aufgep(p)ter Kader nach den Vorstellungen des stets sehr fordernden Trainers macht eigentlich nur bei einer vorzeitigen Vertragsverlängerung Sinn. Bis 2016 läuft der Kontrakt. Nach der Saison wollen die Chefs ausloten, ob Guardiola ebenso wie sie an einer Verlängerung interessiert ist.
Gaurdiola: «Für solche Tage bin ich Trainer»
Vier Titel (Meisterschaft, Pokal, Club-Weltmeister und europäischer Supercup) gab es unter Guardiola in dessen erstem Amtsjahr. Diesmal war es «nur» der überlegene Erfolg beim Meisterschafts-Hattrick. Nach Real-Coach Carlo Ancelotti beim 0:1 und 0:4 im Vorjahr fand Guardiola diesmal im früheren Weggefährten Luis Enrique seinen Halbfinal-Meister. Und wie Ronaldo, Benzema und Ramos unterstrichen Messi, Neymar und Suárez zudem, dass es immer noch mehr auf die Spieler als auf die Trainer-Strategen ankommt. Ausfälle wie die von Robben, Ribéry und Alaba sind auf diesem Niveau nicht aufzufangen.
Guardiola trommelte sein Team sofort nach dem durch Tore von Medhi Benatia, Robert Lewandowski und Müller bei zwei Gegentreffern von Neymar gewonnenen Duell in der Kabine zusammen. Er kam nach seiner Ansprache erst spät zur Pressekonferenz. «Eine grosse Mannschaft muss so fallen wie heute. Ein überragendes Kompliment an diese Spieler», schwärmte der «stolze» Guardiola. «Für solche Tage bin ich Trainer.»