Nach fünf Tagen kontroverser Debatten haben sich die in Bonn versammelten Unterhändler aus 195 Staaten der Welt am Freitag auf einen Rahmenentwurf für einen neuen UNO-Klimapakt geeinigt. «Es ist beschlossen.»
Das sagte der Vizevorsitzende der Runde, Daniel Reifsnyder, am Freitagabend. Delegierte und Umweltschützer äusserten dennoch Kritik am Verhandlungsverlauf und am Ergebnis der Gespräche.
Obwohl der von 20 auf rund 50 Seiten angewachsene Text auch in der letzten Plenarsitzung noch stark umstritten war, gab es eine breite Zustimmung. Delegierte kritisierten an dem Dokument unter anderem, dass es schwer lesbar sei.
Die Entwicklungs- und Schwellenländer hatten den Industriestaaten zu Beginn der Bonner Konferenz vorgeworfen, ihre wichtigsten Forderungen aus dem Text gestrichen zu haben. Die Passagen wurden daraufhin wieder aufgenommen.
Die Staatengruppe, der mit Indien und China die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Welt angehören, hatten besonders das Fehlen von Passagen zu Finanzhilfen moniert. Ärmere Länder fordern finanzielle Unterstützung für die Umstellung auf erneuerbare Energien.
Beim Klimagipfel im Dezember in Paris soll nun ein endgültiger Vertrag ausgehandelt werden. Ziel ist es, den Ausstoss klimaschädlicher Treibhausgase bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu senken.
Der in Bonn auf Expertenebene erarbeitete Text soll in Paris den teilnehmenden Ministern und Regierungschefs vorgelegt werden. Ihnen obliegt es dann, bei der zwölftägigen Konferenz die schwierigsten Entscheidungen zu treffen.
Zusagen von über 150 Staaten
Zentraler Bestandteil des Textes sind Zusagen von mehr als 150 Staaten zur Reduzierung des Ausstosses von Treibhausgasen, um die Erderwärmung bis Ende dieses Jahrhunderts auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Wissenschaftler warnen aber, dass bisherige Zusagen allenfalls für eine Begrenzung auf drei Grad reichten.
Frankreichs Unterhändlerin Laurence Tubiana kritisierte am Freitag den schleppenden Verlauf der Verhandlungen. Für Paris forderte sie einen «Geist des Kompromisses». «Wir haben diese Woche nicht richtig verhandelt, sondern unsere Positionen abgesteckt», beklagte Tubiana.
Auch der Schweizer Delegationsleiter und Chef der Abteilung Internationales beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) Franz Perrez erklärte sich «nicht zufrieden». Es sei weder wirklich verhandelt noch seien Kompromisse gesucht worden, sagte er am Abend der Nachrichtenagentur sda. «Wir sind bei der Suche nach Lösungen, die für alle akzeptabel sind, nicht vorangekommen.»
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte bereits am Montag den «frustrierenden» und «langsamen» Fortschritt der Verhandlungen kritisiert. Frankreichs Aussenminister Laurent Fabius, der den Pariser Gipfel Anfang Dezember leiten wird, mahnte am Dienstag Eile an.
Basis für Paris gelegt
Die beiden Vorsitzenden der Konferenz, der Amerikaner Daniel Reifsnyder und der Algerier Ahmed Djoghlaf, versuchten dennoch, die Vorzüge des Verhandlungsverlauf zu vermitteln. «Wir sind in der Spur», sagte Djoghlaf. Die Basis für Paris sei gelegt. Und gewisse Punkte könnten naturgemäss erst dort auf hoher politischer Ebene geklärt werden – beispielsweise strittige Finanzierungsfragen.
Auch Umweltschützer erkannten Fortschritte. Die Verhandlungen hätten die Voraussetzung für ein ambitioniertes Abkommen geschaffen, sagte der Greenpeace-Experte Martin Kaiser. So seien starke Optionen im Text zu finden, wie die ärmsten und am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder unterstützt werden könnten.
«Enttäuschend ist, dass der Text auch knapp fünf Wochen vor Beginn der Konferenz zu lang, zu unkonkret und zu wenig entschlossen ist. Dafür haben vor allem die Öl-exportierenden Länder gesorgt», sagte er.