In Den Haag wurde am Mittwoch Geschichte geschrieben: In seinem ersten Urteil überhaupt hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) den kongolesischen Milizenchef Thomas Lubanga wegen Kriegsverbrechen schuldig gesprochen.
Das Gericht erklärte den 51-Jährigen für schuldig, als Milizenführer im Osten von Kongo-Kinshasa zwischen 2002 und 2003 Kindersoldaten rekrutiert zu haben. Das Strafmass soll zu einem späteren Zeitpunkt verkündet werden.
Die Kammer sei einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass Lubanga „ohne jeden Zweifel“ schuldig sei, Kinder unter 15 Jahren rekrutiert und in einen bewaffneten Konflikt geschickt zu haben, sagte der britische Richter Adrian Fulford.
„Die Beweisführung hat gezeigt, dass Kinder harte Trainings erdulden mussten und Bestrafungen ausgesetzt wurden“, hiess es in dem Urteil. Unter Lubangas Kontrolle stehende Milizen hätten die teils elfjährigen Kinder aus ihren Häusern und Schulen geholt, ausgebildet und in den Kampf geschickt.
Mädchen seien als Sexsklavinnen missbraucht worden. Lubanga war der erste mutmassliche Kriegsverbrecher, der vom IStGH festgenommen und vor Gericht gestellt wurde. Er war 2005 von den kongolesischen Behörden verhaftet und 2006 nach Den Haag überstellt worden.
Das Verfahren gegen ihn, in dem 204 Anhörungen stattfanden und 67 Zeugen vernommen wurden, war im Januar 2009 eröffnet worden. Internationale Menschenrechtsorganisationen bezeichneten das Urteil als „Meilenstein“. Der Schuldspruch sende „ein starkes Signal, den Einsatz von Kindersoldaten konsequenter zu bekämpfen.“
Lubanga sieht sich als „Sündenbock“
Die Aktivistin und US-Schauspielerin Angelina Jolie beobachtete die Anhörung von der Zuschauergalerie aus und erklärte, das Urteil sei ein Sieg für die ehemaligen Kindersoldaten: „Das ist ihr Tag – an dem diese Kinder spüren werden, dass es keine Straflosigkeit für das gibt, was ihnen passiert ist, für das, was sie erleiden mussten.“
Der ehemalige Milizenführer Lubanga bleibt auf Anordnung der Richter in Haft. Er könnte gemäss Beobachtern zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden. Der Angeklagte selbst hat stets alle Vorwürfe von sich gewiesen. Er sei kein Rebellenführer, sondern ein friedliebender Politiker, erklärten seine Anwälte.
Lubanga sei als „politischer Sündenbock“ vor Gericht gestellt worden. Der Milizenchef, der in einem weissen Gewand und mit einer weissen Kopfbedeckung vor Gericht erschien, nahm das Urteil regungslos zur Kenntnis. Zwischendurch tauschte er lediglich ein Lächeln mit seiner Frau aus, die unter den Zuschauern sass.