Der US-Ketchup-Hersteller Kraft Heinz gibt die geplante 143-Mrd.-Dollar-Übernahme des Rivalen Unilever überraschend wieder auf. Beide Konzerne erklärten in einer gemeinsamen Mitteilung am Sonntagabend, Kraft ziehe seine Pläne zurück.
Ein Grund dafür wurde nicht genannt. Insider erklärten aber, Kraft sehe den Deal als nicht mehr verhandelbar an, da das Vorhaben bereits in einem frühen Stadium bekannt geworden sei.
Eine Fusion beider Firmen mit Marken wie Philadelphia-Frischkäse, Weight Watchers, Knorr, Lipton und Dove wäre eine der grössten Übernahmen in der Wirtschaftsgeschichte gewesen. Entstanden wäre ein Konsumgüter-Gigant mit einem Umsatz von gut 82 Mrd. Dollar, der nahe an den Schweizer Weltmarktführer Nestlé mit 89 Mrd. Dollar herangerückt wäre.
Am Aktienmarkt hatte es am Freitag Gerüchte über die Pläne gegeben, Daraufhin war Kraft durch die britischen Übernahme-Regeln zu einer öffentlichen Bekanntmachung gezwungen. Die britisch-niederländische Unilever hatte die Offerte des deutlich kleineren Rivalen umgehend als zu niedrig zurückgewiesen.
Britische Regierung argwöhnisch?
Eine mit dem Fusionsplan vertraute Person sagte am Sonntag, es seien grosse Bedenken aufgekommen – etwa einen möglichen Widerstand in der britischen Regierung und Unterschiede in den Firmenkulturen und Geschäftsmodellen. Die «Financial Times» hatte am Wochenende berichtet, Premierministerin Theresa May habe die Behörden angewiesen, zu prüfen, ob eine Übernahme britische Wirtschaftsinteressen gefährden könne.
Unilever hatte neben einer zu niedrigen Offerte auch von strategischen Gründen gesprochen, die gegen eine Übernahme sprächen. Daher sehe Unilever keine Grundlage für weitere Gespräche.
Kraft hatte indes erklärt, man freue sich, eine Einigung über die Bedingungen einer Übernahme zu erreichen. Nach dem offiziellen Rückzug darf Kraft nach britischem Recht nun sechs Monate lang keine neuen Gespräche mit Unilever beginnen.
Als treibende Kräfte des Kauf-Vorhabens waren am Freitag Investoren vermutet worden, die die US-Lebensmittelbranche bereits seit Jahren aufmischen. Hinter Kraft stehen der Milliardär Warren Buffett mit seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway sowie der Finanzinvestor 3G Capital.
«Plan B» für Kraft nun Colgate?
Unter Analysten und Investoren wurde nach Aufgabe des Vorhabens darüber spekuliert, ob Kraft wohl einen «Plan B» hat und sich um ein anderes Übernahmeziel bemühen wird. Die Offerte für Unilever zeige, dass Kraft bereit sei, auch ausserhalb des bisherigen Kern-Bereichs Nahrungsmittel zuzukaufen, sagte Analyst Ali Dibadj von Sanford Bernstein. Er nannte Colgate-Palmolive als ein mögliches neues Ziel von Kraft.
Die Lebensmittelbranche ist seit Jahren im Umbruch – vor allem in den USA: Kraft Heinz war selbst erst 2015 aus der Fusion des Ketchup-Herstellers Heinz mit dem Philadelphia-Produzenten Kraft hervorgegangen. Mitgemischt hatte bereits damals der Finanzinvestor 3G.
Mit Spannung blicken Anleger nun darauf, wie die Aktienkurse der Unternehmen auf das Scheitern des Vorhabens reagieren. Kraft-Papiere waren am Freitag an der Wall Street in Erwartung eines Deals um fast elf Prozent von 96,65 Dollar gestiegen. Die Papiere von Unilever hatten an der Börse in London bis zu 15 Prozent auf 3848 Pence zugelegt.