Schweizer Winzer nehmen das Pilzschutzmittel Moon Privilege ins Visier. Es könnte verantwortlich sein für Schäden, die vor allem in den Waadtländer und Walliser Rebbergen festgestellt wurden: Die Blätter der Pflanzen sind deformiert, und es wachsen keine Beeren.
Im Kanton Waadt sind Hunderte Hektaren Reben betroffen. Genauere Angaben zu den Schäden können noch nicht gemacht werden. Auch die Ursache ist noch unklar.
Dass das Pilzschutzmittel Moon Privilege des deutschen Pharma- und Chemiekonzerns Bayer für die Schäden verantwortlich sein könnte, sei «momentan nur eine Hypothese», sagte Olivier Viret von der Agrarforschungsanstalt Agroscope in Changins VD am Montag auf Anfrage.
Für die Winzer scheint es jedoch keinen Zweifel mehr zu geben. Der Präsident des Waadtländer Winzerverbands, François Montet, ist sich «quasi sicher», dass das Fungizid problematisch ist.
Das betroffene Produkt wird unter den Namen Moon Privilege und Moon Experience verkauft. Montet vermutet, dass beim Zulassungsverfahren etwas schieflief. «Aber wir wissen es nicht, nicht einmal Bayer weiss es.» Er habe so etwas noch nie erlebt. In unterschiedlichem Ausmass seien alle Regionen betroffen
Fragebogen für die Winzer
Der Waadtländer Winzerverband und die Behörden haben am Montag einen Fragebogen fertiggestellt, der noch diese Woche an alle Winzer geschickt werden soll. «Wir brauchen rasche Antworten», sagte Montet. Er hofft, bis Mitte August das Ausmass der Schäden beziffern zu können.
Weniger dramatisch klingt es im Wallis. Es sei «momentan keine nationale Katastrophe», sagte der Präsident des Branchenverbands der Walliser Winzer, Pierre-Antoine Héritier. Das Wallis scheint bisher weniger betroffen zu sein als das Waadtland – aber auch hier fehlen bisher Zahlen zu den Schäden.
Héritier vermutet, dass der Zeitpunkt, in dem das Fungizid angewandt wurde, entscheidend für die Auswirkungen sein könnte. Reben, bei denen das Pilzschutzmittel vor August 2014 gesprüht wurde, scheinen weniger betroffen zu sein, wie Héritier sagte.
Entschädigungen gefordert
Laut Viret tragen die gleichen Symptome unter anderem auch bei Reben in Deutschland, in Österreich und im Südtirol auf. «Es wird Monate dauern, bis ein echter Befund über die Schäden vorliegt», sagte der Agronom.
Um die Verluste zu beurteilen, könnte man externe Hilfe in Anspruch nehmen, zum Beispiel die Experten der Hagelversicherung, sagte Viret. Auch müsse nun die Höhe der Entschädigung festgelegt und geklärt werden, wer für die Schäden verantwortlich ist.
«Ohne Entschädigungen werden gewisse Unternehmen dies nicht überstehen», stellte Montet klar. «Wir werden alles tun, damit Bayer seiner Verantwortung nachkommt.» Auch sein Walliser Kollege drängt darauf, dass die Verantwortlichkeiten bei Bayer aufgeklärt werden. «Aber das wird schwierig werden», sagte Héritier.
Abklärungen laufen
Beim Bayer-Konzern sind Abklärungen im Gange. Am Freitag sagte Bayer-Sprecherin Barbara Zimmermann, ob tatsächlich das Fungizid Moon Privilege zu den Wachstumsstörungen bei den Reben geführt habe, sei noch unklar. Man stelle aber weitere Nachforschungen an. Bayer empfiehlt Schweizer Winzern, das Produkt vorsorglich nicht mehr einzusetzen.