Das Parlament verschärft die Aufsicht über die Krankenkassen. Am Montag hat der Ständerat die letzten Differenzen zum neuen Aufsichtsgesetz ausgeräumt. Eine Mehrheit hat die Vorlage wohl nur unter dem Druck der Einheitskassen-Initiative gefunden.
Nach der Rückweisung durch den Nationalrat im letzten Dezember war das Schicksal des Krankenkassen-Aufsichtsgesetzes zunächst in der Schwebe gewesen. Der Mehrheit der grossen Kammer hätte eine gezielte Änderung des Krankenversicherungsgesetzes genügt. Weil der Ständerat aber auf einem gesonderten Aufsichtsgesetz beharrte, nahm die Gesundheitskommission des Nationalrats einen neuen Anlauf.
Prämien-Poker einen Riegel geschoben
Die abgespeckte Version des Gesetzeshat sich im Parlament nun weitgehend durchgesetzt. Die wichtigste Neuerung war allerdings gar nie umstritten gewesen: Das Bundesamt für Gesundheit als Aufsichtsbehörde erhält neue Eingriffsmöglichkeiten, darunter eine griffige Handhabe gegen zu hoch oder zu tief angesetzte Prämien.
Die Genehmigung kann beispielsweise verweigert werden, wenn die Prämien die Kosten nicht decken, unangemessen darüber liegen oder zur Bildung hoher Reserven führen. Das Gesetz definiert auch das Vorgehen für den Fall, dass eine Versicherung zu viel erhobene Prämien zurückerstatten will. Der Nationalrat hatte sich mit der freiwilligen Rückzahlung durchgesetzt, der Ständerat wollte die Rückerstattung zur Pflicht machen.
Das Problem der lästigen Werbeanrufe soll die Branche nach dem Willen des Parlaments selber lösen. Dazu erhält sie die Möglichkeit, eine Branchenvereinbarung abzuschliessen. Einig wurden sich die Räte auch darüber, dass der Bundesrat Werbekosten und Vermittlerprovisionen nicht beschränken darf.
Anforderungen an Krankenkassen-Manager
Neu sollen die obersten Manager einer Krankenkasse gewisse beruflichen Fähigkeiten mitbringen müssen. Die Vorschriften zur Offenlegung des Entschädigungssystems wurden im Zug der parlamentarischen Auseinandersetzung abgeschwächt: Zwar soll der Gesamtbetrag der Entschädigungen von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung bekannt gegeben werden, ebenso der höchste auf ein einzelnes Mitglied entfallende Betrag. Namen müssen aber keine genannt werden.
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Aufsicht über Versicherungsgruppen setzte sich nicht durch. Künftig soll die Aufsichtsbehörde aber Einblick bekommen in Transaktionen zwischen Grundversicherern und anderen Unternehmen.
Bei den letzten Differenzen folgte der Nationalrat weitgehend der kleinen Kammer. So entschied er beispielsweise, dass Prämien nicht vor der Genehmigung veröffentlicht werden dürfen. Am Montag schliesslich lenkte der Ständerat bei der letzten Uneinigkeit ein: Versicherungen sollen die Kosten für besondere Prüfungen nur dann selber tragen müssen, wenn ein Hinweis auf Unregelmässigkeiten oder gesetzeswidrige Handlungen vorliegt.
Von Initiative beflügelt
Die Vorlage ist nun bereit für die Schlussabstimmung. Diese findet zwei Tage vor dem Urnengang über die Initiative für eine öffentliche Krankenkasse statt. Schon im März hatte Gesundheitsminister Alain Berset mit Hinweis auf die Abstimmung im Ständerat auf die Verabschiedung des Aufsichtsgesetzes gedrängt. Im Nationalrat forderte Yvonne Gilli (Grüne/SG) den «Tatbeweis», dass die Aufsicht über die Krankenkassen tatsächlich verbessert werden solle.
In der Herbstsession wurde die Vorlage nun buchstäblich durchs Parlament gepeitscht, um sie noch vor der Abstimmung unter Dach und Fach zu bringen. Nationalrat Thomas de Courten (SVP/BL) beklagte sich denn auch über das Tempo der Gesetzgebung, das «den Gepflogenheiten dieses Hauses komplett widerspricht».