Krankenkassenverband erwartet deutlich höhere Prämien

Drei bis vier Prozent höhere Krankenkassenprämien in der Grundversicherung: Dies droht laut dem Krankenkassendachverband Santésuisse für das nächste Jahr. Schuld an der Kostensteigerung sei jedoch nicht in erster Linie der vermehrte Arztbesuch, wie bisher geglaubt.

Ein Arzt untersucht einen Patienten: Solche ambulante Behandlungen liessen die Gesundheitskosten steigen, schreibt der Krankenkassendachverband Santésuisse. (Bild: sda)

Drei bis vier Prozent höhere Krankenkassenprämien in der Grundversicherung: Dies droht laut dem Krankenkassendachverband Santésuisse für das nächste Jahr. Schuld an der Kostensteigerung sei jedoch nicht in erster Linie der vermehrte Arztbesuch, wie bisher geglaubt.

Der Hauptgrund für das «ungebremste Kostenwachstum» sei vielmehr, dass pro Behandlung höhere Kosten anfallen, teilte Santésuisse am Freitag mit. Unter anderem, weil gewisse Tarifpositionen häufiger abgerechnet würden. Der Verband beruft sich dabei auf eine eigene Analyse.

Auffallend sei, dass die Tarifposition «Konsultation in Abwesenheit des Patienten» viel häufiger abgerechnet werde, heisst es in der Medienmitteilung. In diese Kategorie fällt unter anderem das Aktenstudium.

Besonders Spezialärzte wie Radiologen, Gastroenterologen, Orthopäden und Urologen schöpften diese Tarifposition massiv aus, schreibt der Verband. Dass sie dabei schummeln und mehr Zeit aufschreiben als sie eigentlich brauchen, wollte die Santésuisse-Direktorin allerdings nicht unterstellen. «Das können wir so nicht sagen», sagte Verena Nold der Nachrichtenagentur sda. Man könne nur feststellen, dass es hier ein starkes Kostenwachstum gäbe.

Zweifel bei FMH

Der Ärzteverband FMH zweifelt an der Analyse des Krankenkassendachverbandes: Die Tarifposition «Konsultation in Abwesenheit des Patienten» sei eine von 4500 Positionen in der Tarifstruktur TARMED, teilte FMH-Präsident Jürg Schlup mit.

Und Radiologen, Gastroenterologen, Orthopäden und Urologen entsprächen zusammen nur rund drei Prozent der berufstätigen Ärzte in der Schweiz. «Dass diese vier Spezialistenklassen mit einer einzigen Tarifposition für einen derartigen Anstieg von 140 Millionen Franken verantwortlich sein sollen, können wir aufgrund unserer Zahlen nicht nachvollziehen», teilte Schlup mit.

Mehr Ärzte

Neben den höheren Kosten pro Behandlung nennt Santésuisse einen zweiten Hauptgrund für das Steigen der Gesundheitskosten: Dass es mehr Ärzte gäbe. Die Zunahme gehe auf die Zeit vor der erneuten Einführung des Zulassungsstopps zurück.

Die Zulassung von Ärzten konnte zwischen 2001 und 2011 eingeschränkt werden. Anfang 2012 wurde der Zulassungsstopp dann aufgehoben. Dies führte zu einer massiven Zunahme von Spezialärzten, worauf das Parlament im Juli 2013 die Möglichkeit der Beschränkung wieder einführte.

In der Zeit ohne Zulassungsstopp hätten vor allem Ärzte in den teuren Bereichen Radiologie, Kardiologie, Urologie, Herzchirurgie und Orthopädie neu zu praktizieren begonnen, schreibt Santésuisse. Die Folgen davon zeigten sich jetzt bei den Kosten. Der Ärzteverband FMH hält entgegen, bislang sei nicht erwiesen, dass mit dem Zulassungsstopp die Kosten gesenkt würden.

Höhere Kosten

Laut Santésuisse führen die höheren Kosten pro Behandlung und die Zunahme bei den Ärzten dazu, dass die Kosten für ambulante Arzt- oder Spitalbesuche überdurchschnittlich stark steigen. Der Verband rechnet mit einem Kostenanstieg von fünf Prozent für diesen Bereich im laufenden Jahr.

Dass die Prämiengelder vermehrt für ambulante Leistungen gebraucht würden, entspreche der bundesrätlichen Strategie «ambulant vor stationär», hält der FMH fest. Die älter werdende Bevölkerung und die damit verbundene Zunahme der chronisch kranken Menschen vergrössere ausserdem die Nachfrage nach ambulanten Leistungen.

Die gesamten Gesundheitsausgaben der Grundversicherung dürften gemäss Santésuisse-Schätzung um 3,5 Prozent steigen. Dieser Anstieg liege im Durchschnitt der vergangenen 10 bis 15 Jahre und sei folglich nichts Neues, schreibt der FMH.

Santésuisse hält fest, dass die Prämien als Spiegelbild der Kosten um drei bis vier Prozent steigen dürften. Je nach Wohnkanton, Prämienregion, Krankenkasse, Versicherungsmodell und Franchise seien aber Abweichungen nach unten und oben möglich.

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