In der mazedonischen Hauptstadt Skopje haben am Mittwochabend tausende Menschen erneut gegen eine Amnestie für in einen Abhörskandal verwickelte Politiker protestiert. Demonstranten brachen in Büros des Präsidialamts ein und verwüsteten diese teilweise.
Zwölf Menschen wurden nach Polizeiangaben festgenommen, ein Journalist verletzt. Demonstranten zerbrachen Fensterscheiben, zerstörten das Mobiliar und setzten die Büros in Brand, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten.
Vor dem nahegelegenen Parlament versuchten Anhänger der führenden Oppositionspartei SDSM, einen Polizeikordon zu durchbrechen, der sie von Unterstützern der regierenden VMRO-DPMNE fernhalten sollte. Es kam zu Zusammenstössen.
Telefone abgehört
Mit der Begnadigung aller in einen Korruptions- und Abhörskandal verwickelten Politiker stösst Präsident Djordje Ivanov auf heftigen Widerstand der Opposition. Diese wirft ihm vor, mit dem Entscheid vom Dienstag die politische Krise im Lande noch verschärft zu haben. Auch EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn kritisierte die Amnestie als nicht mit seiner Rechtsauffassung konform.
Die schon mehr als ein Jahr andauernde Krise in Mazedonien war durch illegal abgehörte Telefonate des damaligen Regierungschefs Nikola Gruevski mit seinen engsten Mitarbeitern ausgelöst worden. Die Mitschnitte sollten gross angelegte Korruption, Misswirtschaft, die Drangsalierung der Justiz, Knebelung der Medien und Kriminalisierung politischer Gegner beweisen.
Gruevski hatte die Aufnahmen als Machwerke eines nicht näher bezeichneten ausländischen Geheimdienstes bezeichnet. Sie seien angefertigt worden, um ihn zum Rücktritt zu zwingen.
Nach einer Vermittlung durch die EU hatte man sich auf Neuwahlen am 24. Juni geeinigt, den Termin dann aber auf den 5. Juni verschoben. Allerdings will die Opposition die Wahl boykottieren, weil die Voraussetzungen aus ihrer Sicht nicht erfüllt sind.
Obwohl Gruevski im Januar zurücktrat, wird davon ausgegangen, dass er im Hintergrund noch immer die Strippen zieht. Er dürfte laut Experten massgeblich von der Amnestie profitieren.