Erstmals seit 25 Jahren ist in der Schweiz wieder eine Ausstellung mit Skulpturen und Bildern von Henry Moore (1898-1986) zu sehen. Das Zentrum Paul Klee in Bern widmet einem der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts eine Retrospektive.
Sie dauert vom 30. Januar bis 25. Mai. Die Ausstellung «Henry Moore» markiert einen ersten Höhepunkt im Jubiläumsjahr des Zentrums Paul Klee (ZPK), das 2015 sein 10-jähriges Bestehen feiert. Möglich wurde die Retrospektive durch die Zusammenarbeit mit der Tate in London, die ihrerseits vor zwei Jahren von ZPK-Leihgaben für eine grosse Paul Klee-Ausstellung profitierte.
Weil Moores Werke in der Schweiz lange nicht mehr zu sehen waren, präsentiert das Berner Museum mit 28 Skulpturen und 42 Arbeiten auf Papier einen Überblick über das Gesamtwerk des englischen Künstlers. So zeigen seine Frühwerke aus den 1930er Jahren abstrakte Skulpturen mit organischen Formen, für die ihm Objekte aus der Natur als Vorbilder dienten.
Bildnisse des Zeitgeschehens
Einem breiteren Publikum bekannt wurde Henry Moore in den 1940er Jahren durch seine «Shelter Drawings». Die eindrücklichen Zeichnungen illustrieren, wie die Londoner U-Bahn-Tunnels während der Luftangriffe im 2. Weltkrieg als Schutzräume für die Bevölkerung dienten. Damit avancierte er zum offiziellen «Kriegskünstler».
In den 1950er und 1960er Jahren gehörte Moore weltweit zu den gefragtesten Bildhauern. Der Auftrag, ein Denkmal für die erste geglückte nukleare Kettenreaktion zu schaffen, sei für ihn als politisch denkender Mensch und Friedensaktivist besonders zwiespältig gewesen, sagte Kuratorin Fabienne Eggelhöfer am Donnerstag bei der Medienpräsentation.
In Bern ist das Werkmodell des «Atom Piece» zu sehen. Die Bronzeskulptur mit einer Höhe von fast vier Metern steht in Chicago auf dem Universitätsgelände.
Liegende Körper als Leitmotiv
Ein weiterer Themenschwerpunkt der Berner Ausstellung sind die liegenden Figuren, die zu Moores Leitmotiv wurden. Das Thema habe den Künstler sein Leben lang begleitet, erklärte Eggelhöfer. Liegende Körper, die wie Landschaften wirken, boten Moore räumlich die meisten Freiheiten und erlaubten mehrteilige Kompositionen.
Perfektionismus war ihm ein Gräuel. «Grosse Kunst ist nicht vollkommen. Perfektionistische Kunst lässt mich kalt.» heisst eines seiner Zitate, die auf den Wänden der Berner Henry Moore-Ausstellung zu lesen ist.
Henry Moore wurde 1898 in Yorkshire geboren. Schon als Jugendlicher wollte er Bildhauer werden, musste aber als 18-Jähriger in den ersten Weltkrieg ziehen. Er hatte sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet, weniger aus ideologischen Gründen, sondern um seinen Einsatzort beeinflussen zu können.
Er überstand den ersten Weltkrieg ohne grösseres Trauma, von den Verletzungen eines Gasangriffs erholte er sich rasch. Nach dem Militärdienst konnte er dank einem Stipendium ein Kunststudium absolvieren. Bis zu seinem Tod 1986 lebte und arbeitete Henry Moore auf einem Landsitz in Hertfordshire.
Die letzte Ausstellung seiner Werke in der Schweiz war 1989 – drei Jahre nach seinem Tod – in der Stiftung Gianadda in Martigny zu sehen. Mit einer grossen Retrospektive in der britischen Tate sei 2010 ein Revival des bedeutenden Bildhauers in Gang gesetzt worden, schreibt das Zentrum Paul Klee.