Der Erfolg der Krisendiplomatie für die Ukraine hängt an einem dünnen Faden. Offen und scharf traten die Verwerfungen zwischen dem Westen, der Ukraine und Russland auf der Münchner Sicherheitskonferenz zutage.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko lehnte es rundweg ab, wie von Russland gefordert, Verhandlungen mit den Separatisten im Osten seines Landes zu führen. «Jetzt wollen sie, dass wir mit Terroristen in einen direkten Dialog eintreten. Nein!», sagte er.
Gleichwohl ruhen grosse Hoffnungen auf den Bemühungen Deutschlands und Frankreichs, Bewegung in den festgefahrenen Konflikt zu bringen. Am Sonntag soll in einem gemeinsamen Telefonat der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten François Hollande mit Kremlchef Wladimir Putin und Poroschenko ein Fahrplan für einen Waffenstillstand und die Umsetzung eines Friedensplans verabredet werden.
Putin sagte am Samstag bei einem Treffen mit Gewerkschaften in Sotschi, sein Land wolle keinen Krieg. Es gebe jedoch den Versuch, die Entwicklung Russlands mit verschiedenen Mitteln zu begrenzen und die Weltordnung einzufrieren. Dagegen werde sich Russland wehren.
Merkel gibt sich zurückhaltend
Merkel äusserte sich nach den vorangegangenen Gesprächen in Moskau und Kiew zurückhaltend zu den Chancen für eine Friedenslösung in der Ostukraine. «Auch nach den Gesprächen ist ungewiss, ob sie Erfolg haben», sagte sie in München. Man müsse den Versuch aber wagen. «Wir schulden es alleine schon den betroffenen Menschen in der Ukraine.»
Russlands Aussenminister Sergej Lawrow äusserte etwas mehr Zuversicht: Das Gespräch in Moskau sei eine «gute Grundlage für einen gewissen Grad an Optimismus, um hier den Konflikt zu lösen». US-Vizepräsident Joe Biden forderte Putin in München zum Einlenken auf.
Bei ihren Gesprächen am Freitagabend mit Putin hatten Merkel und Hollande keinen Durchbruch erzielt. Die Politiker einigten sich aber darauf, gemeinsam ein neues Dokument zur Umsetzung des im September in Minsk ausgehandelten Friedensplans zu erarbeiten. Dieser sieht eine Waffenruhe vor, die aber nie hielt.
Streit um militärische Unterstützung
Poroschenko forderte den Westen erneut zu militärischer Unterstützung auf. Der Mangel an Fähigkeiten in diesem Bereich habe sogar zu einer weiteren Eskalation geführt. Sein Land sei eine souveräne Nation und habe das Recht, sich zu verteidigen. «Wir haben im Laufe des Konflikts gezeigt, dass wir verantwortlich mit Waffen umgehen.»
Merkel warnte ihrerseits erneut eindringlich vor Waffenlieferungen in das ostukrainische Kampfgebiet. «Militärisch ist das nicht zu gewinnen, das ist die bittere Wahrheit», sagte sie.
Biden stiess ins selbe Horn: «Wir glauben nicht, dass es eine militärische Lösung in der Ukraine geben kann», sagte der US-Vizepräsident. Russland könne aber nicht machen, was es wolle. Er drohte dem Land mit hohen wirtschaftlichen Kosten, sollte es sich nicht aus der Ostukraine zurückziehen.
Burkhalter wirbt für OSZE
Der Schweizer Aussenminister Didier Burkhalter mass am Samstag in seiner Rede in München der OSZE eine zentrale Rolle bei der Wiederherstellung des Vertrauens und der Sicherheit in Europa bei. Im schwierigen Kontext der Ukraine-Krise habe die OSZE ihre Funktion als Brückenbauerin bewiesen und den Dialog zwischen den verschiedenen Akteuren aufrechterhalten können.
«Wir müssen alles tun, um zur Logik der Deeskalation zurück zu kehren», sagte er in seiner Rede. Dabei warb er für die Unterstützung der OSZE-Ukraine-Vermittlerin Heidi Tagliavini. In der trilateralen Kontaktgruppe, die in Minsk eine Waffenruhe ausgehandelt hatte, spielt die Schweizer Diplomatin bereits eine wichtige Vermittlerrolle.
In der Ostukraine sind die Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und den prowestlichen Regierungstruppen in den vergangenen Wochen eskaliert. Umstritten ist vor allem, wo die Demarkationslinie zwischen den Konfliktparteien verlaufen soll.