Die Verordnung des Bundesrates über das Nachrichtendienstgesetz stösst vor allem bei der Linken auf Widerstand. Kritisiert werden unter anderem die Artikel über die Verlängerung der Schutzfrist und die Löschung von Daten. Auch die GPDel verlangt Änderungen.
Am 25. September 2016 hatten die Schweizer Stimmberechtigten das Nachrichtendienstgesetz mit 65,5 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Es soll voraussichtlich am 1. September 2017 in Kraft treten. Mit dem revidierten Gesetz wurde auch eine Erneuerung des Verordnungsrechts nötig.
Der Bundesrat schickte seinen Entwurf im Januar in die Vernehmlassung. Die Frist lief am Ostersonntag ab. Stellungnahmen von Parteien und interessierten Kreisen gab es dazu kaum. Und nur die SP, die Grünen und die Organisation grundrechte.ch äusserten sich kritisch.
Einige Tage nach Ablauf der Vernehmlassung meldete sich auch die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel) zu Wort: Es gebe verschiedene Bereiche, die nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprächen, sagte GPDel-Präsident und Ständerat Alex Kuprecht (SVP/SZ) gegenüber der SRF-Sendung «Rendez-Vous».
Neun Punkte widersprächen übergeordneten Gesetzen. Die GPDel habe Verteidigungsminister Guy Parmelin in einem Brief Änderungsvorschläge gemacht, sagte Kuprecht. Zum Inhalt der kritisierten Punkte und den Vorschlägen wollte sich Kuprecht auf Anfrage nicht äussern.
Im Widerspruch zu Gesetz
Für die Organisation grundrechte.ch regelt der vorliegende Entwurf «unzulässigerweise Gegenstände, welche im NDG nicht vorgesehen sind». So soll zum Beispiel die 50-jährige Schutzfrist für Archivgut des NDB und seiner Vorgängerorganisationen um 30 Jahre verlängert werden.
Die Verlängerung gälte für alle NDB-Akten, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung im Bundesarchiv befinden. Darüber berichtete die Sendung «Heute Morgen» am Donnerstag.
SP und Grüne fordern in ihren Stellungsnahmen die «ersatzlose Streichung» des Absatzes über die Verlängerung der Schutzfrist, weil er im Widerspruch zum Nachrichtendienstgesetz stehe. Die Verlängerung im Rahmen einer Verordnung auf 80 Jahre wäre willkürlich und widerspreche ausserdem dem Willen des Gesetzgebers, schreibt die SP.
Auch für die Grünen gibt es für die Verlängerung der Schutzfrist keine gesetzliche Basis. Denn sie verletze sowohl das Nachrichtendienstgesetz als auch das Gesetz über die Archivierung, hält die Partei in ihrer Antwort fest. Die Partei stört sich weiter daran, dass die Aufgaben des NDB in der Verordnung nicht klar genug definiert seien, unter anderem beim der Informationsaustausch mit den Strafbehörden.
Wer entscheidet über Löschung?
Auf Kritik stösst auch der Artikel über das Löschen von Daten. Gemäss der Verordnung müsste der NDB nur die bei den kantonalen Vollzugsbehörden angefallenen Daten dem Bundesarchiv zur Archivierung anbieten.
Die SP verlangt stattdessen, dass der NDB dem Bundesarchiv sämtliche Daten anbieten muss. Denn «aus rechtsstaatlichen Gründen ist es entscheidend, dass das Handeln des NDB» gemäss Archivgesetz überprüft werden könne.
Der entsprechende Artikel 8 in der technischen Verordnung über die Informations- und Speichersysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (VIS-NDB) stehe gar «in krassem Widerspruch zum Nachrichtendienstgesetz».
Denn er gäbe dem NDB die Kompetenz zu entscheiden, welche Daten er löschen und welche er dem Bundesarchiv zu Archivierung anbieten wolle. Gemäss Archivgesetz liege diese Aufgabe aber in der alleinigen Kompetenz des Bundesarchivs über die «Archivierungswürdigkeit» der Daten zu entscheiden.
Ausländische Spione in der Schweiz
Schliesslich verlangt die SP auch eine Änderung des Artikels über die Zusammenarbeit mit ausländischen Amtsstellen in der Schweiz. Dieser erteile ausländischen Nachrichtendiensten die Kompetenz, innerhalb der Schweiz aktiv zu werden. Und das sei aus Gründen der Souveränität äusserst heikel.
Die einzige Einschränkung sei, dass der NDB «der ausländischen Amtsstelle die massgebenden Bestimmungen mitteilen und soweit notwendig erläutern» müsse. Die ausländische Amtsstelle müsse dann dem NDB bestätigen, sich an die Bestimmungen zu halten.
Für die SP wäre das ein Freipass für ausländische Nachrichtendienste. Sie fordert deshalb eine einschränkende Formulierung, die auch Sanktionen festlegt, falls ausländische Dienst ausländische Dienste in der Schweiz «verbotenen Nachrichtendienst betreiben.»
Auch CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann versteht nicht, «dass jetzt ausländische Nachrichtendienste den Auftrag erhalten können, in der Schweiz zu recherchieren. »Das war nie unsere Absicht«, sagte das Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates, die das Gesetz vorberaten hat, gegenüber dem »Rendez-vous“.