Kritik vor Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II.

Knapp zwei Wochen vor der Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. haben kirchliche Reformgruppen aus der Schweiz, aus Österreich und Deutschland Bedenken geäussert. Sie fürchten, eine Heiligsprechung könnte Kritik am 2005 verstorbenen Polen verhindern.

Riesiges Bild von Johannes Paul II beim Petersplatz (Mai 2011) (Bild: sda)

Knapp zwei Wochen vor der Heiligsprechung von Papst Johannes Paul II. haben kirchliche Reformgruppen aus der Schweiz, aus Österreich und Deutschland Bedenken geäussert. Sie fürchten, eine Heiligsprechung könnte Kritik am 2005 verstorbenen Polen verhindern.

Papst Franziskus will die früheren Päpste Johannes Paul II. (1920-2005) aus Polen und Johannes XXIII. (1881-1963) aus Italien am 27. April in Rom heiligsprechen. Die Kanonisation von Johannes Paul II. dürfe aber nicht die kritische Auseinandersetzung mit diesem verhindern, fordern vier kirchliche Gruppierungen aus der Schweiz, aus Österreich und aus Deutschland am Dienstag in einer Stellungnahme.

Ohne Zweifel habe Karol Wojtyla in den über 26 Jahren als Papst vieles getan, das hohe Achtung verdiene. Doch liege die Tragik von Johannes Paul II. in der grossen Diskrepanz zwischen dessen Einsatz für Reformen und für Dialog in der Welt und dem unter dessen Verantwortung vollzogenen innerkirchlichen Rückfall in zentralistische und autoritative Strukturen, heisst es in dem Papier.

Kritik an «unbiblischem Personenkult»

Mit einer Inflation von Heiligsprechungen, einem rückwärtsgewandt-zentralistischen Kirchenbild, einem unbiblischen Personenkult, Pomp und Klerikalismus sei Johannes Paul II. zum widersprüchlichsten Papst des 20. Jahrhunderts geworden, schreiben die Reformgruppen.

Während das Kirchenvolk Johannes XXIII. längst als Heiligen verehre, der durch die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils der römisch-katholische Kirche den Weg in die Moderne bereitet habe, werde das Wirken von Johannes Paul II. auch nach seiner Heiligsprechung umstritten bleiben, heisst es in der Mitteilung weiter.

Das Kritikschreiben verfasst haben Vertreter der Schweizer Herbert-Haag-Stiftung, der tagsatzung.ch «für eine glaubwürdige Kirche», der Kirchenvolksbewegung «Wir sind Kirche Deutschland» sowie der Plattform «Wir sind Kirche Österreich».

Verzicht auf Wunder

Die Heiligsprechung findet am 27. April statt, dem Sonntag nach Ostern. Dieser wird Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit genannt. Den Gedenktag hatte Johannes Paul II. selbst eingeführt. Zur Heiligsprechung werden mehr als fünf Millionen Pilger in Rom erwartet.

Johannes Paul II. soll nur neun Jahre nach seinem Tod in den Stand der Heiligen gehoben werden. Diese werden in der katholischen Kirche als Vorbilder christlichen Lebens verehrt.

Der polnische Pontifex war am 1. Mai 2011 von Papst Benedikt XVI. in einem raschen Prozedere seliggesprochen worden. Viele Gläubige hatten sofort nach dem Tod des polnischen Papstes verlangt, ihn heiligzusprechen.

Um die gleichzeitige Heiligsprechung der beiden Päpste möglich zu machen, hatte Papst Franziskus bei Johannes XXIII. überraschend auf das üblicherweise notwendige Wunder verzichtet.

Für Johannes Paul II. hingegen hatte Franziskus im Juli 2013 ein angebliches Wunder bestätigt, das diesem zugeschrieben wird. So soll eine Frau aus Costa Rica am Tag der Seligsprechung von Johannes Pauls II. von einer Gefässerweiterung im Gehirn geheilt worden sein.

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