Gastgeber Brasilien dürfte sich die Qualifikation für die Achtelfinals nicht mehr nehmen lassen. Brisanz steckt in der Gruppe A vor allem im Spiel Kroatien – Mexiko. Der Sieger ist weiter.
Brasilien wurde in den Vorrunden-Partien gegen Kroatien (3:1 nach Hilfe durch den Schiedsrichter) und Mexiko (0:0) den hohen Ansprüchen der eigenen Anhänger noch nicht gerecht. Dennoch kann sich niemand vorstellen, wie das bereits ausgeschiedene Kamerun heute Montag in der Hauptstadt Brasilia zum Stolperstein werden soll. Der Mannschaft von Trainer Luiz Felipe Scolari reicht ein Unentschieden, aber natürlich strebt sie den Sieg im Spiel und in der Gruppe an.
Brasilien hat im Rahmen von Weltmeisterschaften bisher sechs Spiele gegen afrikanische Mannschaften bestritten und alle gewonnen, ob der Gegner nun Zaire (1974), Algerien (1986), Kamerun (1994), Marokko (1998) oder Ghana (2006) hiess. Kamerun gab zudem im aktuellen Turnier ein ziemlich tristes Bild ab.
Deshalb interessiert ausserhalb des Gastgeber-Landes vor allem die Frage, wer Brasilien in die Achtelfinals begleiten kann. Die Kroaten brauchen in Recife im parallel ab 22 Uhr Schweizer Zeit laufenden Duell gegen Mexiko einen Sieg, ihr Gegner stünde bereits mit einem Remis in der nächsten Runde. Doch auch der hat die drei Punkte im Visier. «Wenn du auf Unentschieden spielst, verlierst du am Ende», ist Mexikos Coach Miguel Herrera überzeugt.
Kroatien möchte endlich wieder an die glorreichen Tage von 1998 anknüpfen. Damals, in ihrem ersten Turnier als unabhängige Nation, erreichten die Kroaten – unter anderem nach einem 3:0 im Viertelfinal gegen Deutschland – den 3. Schlussrang. An den beiden folgenden Endrunden blieben sie bereits in der Vorrunde hängen, für die WM 2010 in Südafrika konnten sie sich nicht qualifizieren. Die Mexikaner dagegen sind Stammgast in den WM-Achtelfinals. Zuletzt überstanden sie fünfmal in Folge die Vorrunde.
Hoffnungsträger der Kroaten ist vorab Mario Mandzukic, der im Startspiel gegen Brasilien wegen einer Sperre gefehlt hatte, dann aber beim 4:0 gegen Kamerun mit zwei Toren seinen Wert verdeutlichte. Jetzt gilt es, den an dieser WM noch ungeschlagenen mexikanischen Keeper Guillermo Ochoa auszuhebeln. Der 28-Jährige Lockenkopf schuf sich beim 0:0 gegen Brasilien in gut 90 Minuten einen Helden-Status, nachdem vor dieser Endrunde unklar gewesen war, ob er überhaupt als Nummer 1 im Tor stehen oder wie 2006 und 2010 nur Ersatz-Goalie sein würde. Ochoa will gegen Kroatien weiter an seinem Bewerbungsschreiben arbeiten. Er sucht einen neuen Verein, zumal er in der französischen Ligue 1 mit Ajaccio abgestiegen ist.
Brasilien war letztes Jahr auf einer Welle der Euphorie durch den Confederations Cup im eigenen Land getragen worden. An der WM aber haben die ersten beiden Auftritte die Kritiker lauter werden lassen. Superstar Neymar ist zwar in Topform, doch einige seiner Kollegen liefen bisher nicht auf gewohnter Betriebstemperatur. Sturmspitze Fred beispielsweise wurde von einem brasilianischen Internet-Portal schon als schlechteste Nummer 9 seit 1982 bezeichnet. Aussenverteidiger Dani Alves kontert die Vorwürfe: «Die Rechnung wird zum Schluss gemacht und nicht auf halbem Weg.»
Für die Afrikaner kann es nur noch darum gehen, sich mit Anstand zu verabschieden. Nach dem Streit um die WM-Prämien vor der Abreise waren im Nachgang zum 0:4 gegen Kroatien Benoît Assou-Kotto und Benjamin Moukandjo aufeinander losgegangen. Samuel Eto’o, einst Leitfigur bei den «unzähmbaren Löwen», wird weiter von Knieproblemen geplagt. Und fehlen wird zudem Alexandre Song, der gegen Kroatien vom Platz gestellt worden war und drei Spielsperren absitzen muss. Es war in der diesbezüglich unrühmlichen WM-Geschichte Kameruns schon die achte Rote Karte (in 22 Partien).