Nach dem Sieg der Sozialdemokraten bei der Parlamentswahl in Litauen gestaltet sich die Regierungsbildung schwierig. Präsidentin Dalia Grybauskaite sprach sich am Montag gegen eine Koalition unter Beteiligung der populistischen Arbeitspartei aus.
Bisher war erwartet worden, dass die beiden Parteien zusammen mit der rechtspopulistischen Bewegung Ordnung und Gerechtigkeit die künftige Regierung bilden würden. Das Dreierbündnis war aus der zweiten Runde der Parlamentswahl am Sonntag als Sieger hervorgegangen.
Mit der Arbeitspartei, die der Wahlfälschung verdächtigt und gegen deren Führer wegen Betrugs ermittelt werde, könne es jedoch keine Regierungsbildung geben, sagte Grybauskaite. „Eine Partei, die im Verdacht grober Wahlrechtsverletzungen steht, der Bilanzfälschung und undurchsichtiges Verhalten vorgeworfen werden, kann nicht an der Regierung beteiligt werden“, so die Präsidentin.
Der in Russland geborene Anführer der Arbeitspartei, Viktor Uspaskich, der durch die Einfuhr von russischem Erdgas ein Vermögen machte, ist in Litauen umstritten. Er hatte sich 2006 im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung für ein Jahr nach Russland abgesetzt.
Sozialdemokraten als deutliche Wahlgewinner
Die bislang oppositionellen Sozialdemokraten, die Arbeitspartei von Uspaskich und die Bewegung Ordnung und Gerechtigkeit von Ex-Präsident Rolandas Paksas kommen zusammen auf 80 der insgesamt 141 Parlamentssitze.
Die Präsidentin erklärte, sie unterstütze die Sozialdemokraten bei der Regierungsbildung. Diese seien bei der Wahl stärkste Kraft geworden.
Gemäss der litauischen Verfassung nominiert das Staatsoberhaupt den Regierungschef und betraut diesen mit der Ernennung der Minister. Grybauskaite kündigte an, wahrscheinlich Ex-Finanzminister Algirdas Butkevicius zum Regierungschef zu ernennen.
Votum gegen Sparkurs von Kubilius
Ramunas Vilpisauskas, Direktor des Instituts für Internationale Beziehungen und Politische Wissenschaften in Vilnius, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Präsidentin mache sich für das von ihr favorisierte Modell einer „Regenbogenkoalition“ stark.
Dieser sollten Sozialdemokraten, Konservative und deren frühere Koalitionspartner von der Liberalen Bewegung angehören, die im neuen Parlament zehn Abgeordnete stellt.
Das Ergebnis des Urnengangs wurde vor allem als Votum der Wähler gegen den massiven Sparkurs der bisherigen Mitte-rechts-Regierung von Ministerpräsident Andrius Kubilius verstanden.
Seine konservative Partei kam mit 33 Sitzen auf den zweiten Platz hinter den Sozialdemokraten mit 40 Mandaten. Die Arbeitspartei errang 29 Sitze, die Partei Ordnung und Gerechtigkeit elf.
Erhöhung des Mindestlohns versprochen
Die Opposition hat angekündigt, den Mindestlohn anzuheben und die Steuerlast mehr auf die Besserverdiener zu verteilen. Mit diesen Versprechen sprach die Opposition viele Wähler an, die angesichts der Austeritätspolitik der Regierung aufgebracht waren.
Ministerpräsident Kubilius hatte, als die Wirtschaft des baltischen Staates 2009 um fast 15 Prozent eingebrochen war, einen drakonischen Sparkurs angeordnet. Dieser führte im Inland zu sinkenden Löhnen und steigender Arbeitslosigkeit.
Allerdings ist der finanzielle Bewegungsspielraum der künftigen Regierung gering. Das Land muss sich im kommenden Jahr 2,85 Milliarden Dollar auf den Finanzmärkten leihen und ist daher auf das Vertrauen von Anlegern angewiesen.