Der renommierte Künstler Not Vital kann das Schloss Tarasp, das Wahrzeichen des Unterengadins, für acht Millionen Franken von der deutschen Besitzerfamilie kaufen. Die Stimmbürger von Scuol gaben am Sonntag grünes Licht.
Die Scuoler bewilligten mit 634 zu 204 Stimmen bei einer Beteiligung von 25,9 Prozent eine Leistungsvereinbarung mit dem einheimischen Künstler. Die bis 2030 geltende Vereinbarung verpflichtet den international bekannten Maler und Bildhauer aus Sent, das Schloss weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich zu halten.
Zudem erhält Scuol ein Vorkaufsrecht mit limitiertem Kaufpreis. Im Gegenzug bekommt Vital von der Gemeinde jedes Jahr 200’000 Franken an die Betriebskosten des 1000-jährigen Baus.
Das auf einem Hügel gelegene Chasté Tarasp ist nicht nur ein historisches Denkmal von nationaler Bedeutung, sondern hat auch einen hohen Wert für den Tourismus der ganzen Region. Etwa 18’000 Personen jährlich besuchen die Anlage, in der auch kulturelle Veranstaltungen durchgeführt werden.
Zentrum für Bildende Kunst und Musik
Vital will das Schloss als kulturelles Begegnungs- und Ausstellungszentrum nutzen, vor allem für bildende Kunst und für Musik. Die Gemeinde bezeichnete in der Abstimmungsbotschaft das Interesse Vitals am Schloss als Glücksfall.
Seit 2004 bekannt wurde, dass die deutsche Adelsfamilie von Hessen das Schloss verkaufen will, suchte die Region nach Wegen, das Bauwerk für die Öffentlichkeit zugänglich zu halten.
Den Kauf des Chasté durch die damalige Gemeinde Tarasp stand der zunächst hohe Kaufpreis von 60 Millionen Franken im Weg. Später einigte man sich auf 15,5 Millionen Franken. Doch die Gemeinde konnte das Geld nicht in der vereinbarten Frist aufbringen.
Wechselnde Besitzer
Das Schloss war in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts Wohnsitz der Herren von Tarasp, die aus der Gegend des Comersees ins Engadin gezogen waren. Nach diversen Streitereien um den Prachtsbau war Tarasp ab 1464 eine österreichische Grafschaft. 1803 wurde Tarasp von Napoleon der helvetischen Republik zugeschlagen.
1829 kaufte das Schloss ein Privatmann aus Scuol. In der Folge wurde es komplett geplündert, ehe es 1900 in den Besitz des Dresdner Industriellen und Odol-Mundwasser-Fabrikanten Karl August Lingner überging.
Lingner steckte viel Geld in die Renovation, konnte das Schloss selber aber nicht mehr bewohnen. Er starb 1916 unerwartet, und das Schloss fiel durch komplexe Erbschaftsregelungen den von Hessen zu.