«Das Ballett ist die Kunst des Nacktseins, weshalb sollten wir dafür Geld ausgeben?», fragt der Salafist Gamal Hamid während der Haushaltsdebatte in der zweiten Kammer des ägyptischen Parlaments. Kurz darauf entlässt Kulturminister Alaa Abdel Aziz die Leiterin des Kairoer Opernhauses, Ines Abdel Dayem.
Anstatt die Oper «Aida» zu spielen, demonstrieren die Sänger am Abend in ihren bunten Kostümen auf der Bühne gegen die Entlassung ihrer Chefin.
Der Protest ist Teil eines Kulturkampfes zwischen den regierenden Islamisten und der liberalen Elite Ägyptens. «Ich bin seit 30 Jahren künstlerisch tätig, aber dieser Mensch, der jetzt Kulturminister sein soll, ist mir noch nie über den Weg gelaufen, weder in der Oper noch anderswo», erklärt die Harfenistin Manal Mohieddin.
«Er ist ein Niemand. Seine Ernennung ist Teil eines Konzepts mit dem Ziel, die Identität unseres Landes zu ändern – weg von der Schönheit, fixiert nur noch auf Geld.»
Schon vor drei Wochen, direkt nachdem der islamistische Präsident Mohammed Mursi Kulturminister Abdel Aziz ernannt hatte, verfassten die Künstler des Landes einen Protestbrief.
Darin hiess es, als Dozent an der Filmakademie sei der 51-jährige Sohn eines Mitglieds der Muslimbruderschaft für den Ministerposten nicht qualifiziert. Er stehe für die «sehr eingeschränkte kulturelle Vision des aktuellen Regimes».
Kulturminister möchte «frisches Blut»
Die Chefin des Opernhauses ist nicht das erste Opfer des neuen Ministers. Vor ihr hatte Abdel Aziz bereits den Direktor der für Museen und Ausstellungen zuständigen Behörde, Salah al-Meligi, entlassen, was von etlichen Künstlern scharf kritisiert wurde.
Auf die Frage des Nachrichtenportals «youm7», was er mit diesen Entscheidungen bezwecke, antwortete der neue Minister nur, diese Institutionen bräuchten «frisches Blut». Die Opernhaus-Chefin war allerdings keine altgediente Funktionärin, sondern erst im Februar 2012 ernannt worden.
Reda al-Wakil, ein Professor der Kunstakademie, dem der Minister die Leitung der Oper hatte übertragen wollen, hat den Posten inzwischen aus Solidarität mit der Entlassenen abgelehnt. Die Sänger und Orchestermitglieder des Opernhauses streiken, bis ihre Chefin zurückkommt und der Minister entlassen wird.
Doch ob sie diesen Streik auf Dauer durchhalten, wenn Präsident Mursi nicht reagiert, ist fraglich. Denn in ihren internen Diskussionen kam die Frage auf, «ob die Islamisten, wenn in der Oper keine Aufführungen mehr stattfinden, nicht genau das erreicht haben, was ohnehin ihr Plan war, nämlich die Kunst zu vernichten».