Mit einer humorvollen Rede hat Kulturminister Alain Berset den grössten kulturellen Auftritt der Schweiz in Deutschland seit Ende der 1990er Jahre lanciert. Berset sprach zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse am Mittwoch unter anderem über die «verwirrende» Schweiz.
Die Frage des österreichischen Schriftstellers Alexander Roda Roda (1872 – 1945) – «Als Schweizer geboren zu werden, ist ein grosses Glück. Es ist auch schön, als Schweizer zu sterben. Doch was tut man dazwischen?» – ist für Berset leicht zu beantworten: «Man verwirrt die Welt. Und danach erklärt man der verwirrten Welt die Schweiz.»
Mit Blick auf die Abstimmung vom 9. Februar betonte der Bundespräsident, dass die Internationalität der Schweiz auch in Zukunft nicht gefährdet sei: «Von Abschottung kann keine Rede sein.»
Allerdings müsse man zugeben: «Die Schweiz leidet nicht nur an den Schweiz-Klischees, sie ist auch stets freudig an deren Produktion beteiligt.» Der literarischen Vielfalt des Landes käme heute eine besonders wichtige Rolle zu, weil sie ein Kontrastprogramm biete zum Schwarz/Weiss-Denken «offen/abgeschottet», «vertraut/fremd».
«Literatur ist der natürliche Feind der Schlagworte, Literatur ist Anti-PR», sagte Berset an der Eröffnungszeremonie im Leipziger Gewandhaus gemäss Redetext weiter. Die Schweiz ist dieses Jahr Schwerpunktland der – nach Frankfurt – zweitwichtigsten Buchmesse im deutschsprachigen Raum.
Bereits im ältesten Katalog der Leipziger Buchmesse aus dem Jahre 1595 waren laut Berset zwölf Titel aus dem Gebiete der heutigen Eidgenossenschaft aufgeführt – dass sie allesamt aus Genf stammten, zeige, dass auch die die heutige französischsprachige Schweiz ein lange Tradition im kulturellen Austausch mit Deutschland habe.
«Gute Stimmung» in der Buchbranche
Die Buchbranche im deutschsprachigen Raum zeigte sich zum Messeauftakt mit wieder gestärktem Selbstbewusstsein. Nach Jahren der Krise konnte der traditionelle Buchhandel 2013 in Deutschland um 0,9 Prozent zulegen.
Der Aufwärtstrend habe sich auch Anfang 2014 fortgesetzt, erklärte Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Er betonte, die gute Stimmung in der Branche sei «deutlich zu spüren und mit Händen zu greifen».
Die «eigentliche Sensation» dabei sei, dass der lange totgesagte klassische Buchhandel wieder die Nase vor dem Online-Handel habe. Dessen Umsätze in Deutschland seien um rund zwei Prozent gesunken.
Auch in der Schweiz sei von einem «gesättigten» Online-Markt auszugehen, erklärte Dani Landolf, Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbandes (SBVV), auf Anfrage.
Insgesamt sehe die Branche die Lage «nicht ganz so euphorisch» wie die Kolleginnen und Kollegen in Deutschland, sagte Landolf. 2013 resultierte zwar ein Umsatzplus von insgesamt 1,7 Prozent. Davor waren allerdings fünf Jahre lang massive Rückgänge zu verzeichnen.
Ab Donnerstag für Publikum geöffnet
Für das Publikum öffnet die Leipziger Buchmesse am Donnerstag ihre Pforten. Auf der Messe präsentieren sich bis am 16. März 2194 Aussteller (Vorjahr: 2069) aus 42 Ländern. Das Frühlingstreffen der Buchbranche wird begleitet von Europas grösstem Lesefestival «Leipzig liest» mit rund 3000 Autoren und Mitwirkenden.
Auf dem Messegelände und in der gesamten Stadt Leipzig verteilt gibt es bis Sonntag zahlreiche Lesungen deutscher und internationaler Autoren. Erwartet wurden unter anderem Margaret Atwood (Kanada), Simon Beckett (Grossbritannien) oder Arne Dahl (Schweden).
Am Donnerstag wird zudem der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen. Er ist mit 45’000 Euro dotiert. In der Kategorie Belletristik sind Fabian Hischmann, Sasa Stanisic, Katja Petrowskaja, Per Leo sowie Martin Mosebach nominiert.