Kultwerk #11: In The Court Of The Crimson King

Zum Dreikönigstag erinnern wir uns an das majestätische Debütalbum der britischen Band King Crimson, das 1969 erschien.

Ikonografisch: Das Cover von King Crimsons Debütalbum (Bild: Cover-Shot)

Zum Dreikönigstag erinnern wir uns an das majestätische Debütalbum der britischen Band King Crimson, das 1969 erschien.

Wer diese Platte einmal in den Händen gehalten hat, wird sich zeit seines Lebens daran erinnern: Allein das Coverbild ist so ikonografisch wie Edvard Munchs «Der Schrei». Sein Schöpfer, Barry Godberg, war Absolvent einer Londoner Kunstschule und mit jungen Musikern befreundet. Einer ihrer Liedtitel inspirierte ihn 1969 zu diesem Plattencover: «21th Century Schizoid Man». Godberg, 24-jährig, starb kurz darauf an Herzversagen. Das Cover sollte sein einziges bekanntes Gemälde bleiben. Eines allerdings, das um die Welt ging.

Eine explosive Mischung

Denn hatten die Beatles mit ihren Experimenten ab 1965 stilistische Schranken aufgehoben, so kam dieses Album hier einer Explosion gleich. Unerhört gut und ungehört neu, was fünf Mittzwanziger unter dem Namen King Crimson festhielten: eine musikalische Grenzüberschreitung, die als «Progressive Rock» populär wurde. 

Die Sensation hatte sich angekündigt. Im Januar 1969 gegründet, eilte King Crimson rasch ein grossartiger Ruf voraus: Jimi Hendrix war nach einem Konzertbesuch im Mai tief beeindruckt und schwärmte von der «besten Band der Welt». Einige Tage später sass der Folkie Donovan im Publikum – und stürmte begeistert die Bühne. Im Juni wurden King Crimson für ein Gratisfestival im Hyde Park eingeladen, bei dem die Rolling Stones zuoberst auf der Affiche standen. Die Zeitung «The Guardian» war vom Grossanlass (650 000 Besucher) enttäuscht – mit einer Ausnahme, «einer sensationellen Gruppe namens King Crimson».

Wuchtiger Beginn, episches Ende

Mit ihrem Debütalbum lösten sie die ­hohen Erwartungen ein: Allein der Anfang ist eine Wucht, angetrieben von einem schweren Gitarren-Riff, furiosen Schlagzeug-Fills und einer verzerrten Stimme, die den Wahnsinn in Worte fasst («21st Century Schizoid Man») – aufgebrochen durch einen Instrumentalteil, der selbst Jazzer aufhorchen lässt. Nicht weniger beeindruckend das epische Ende mit der neunminütigen Ballade «The Court Of The Crimson King», die dem Album den Titel gab. Dazwischen: Prächtige Hymnen und tröpfelnde Klangtupfer. Damit lieferten King Crimson eine Blaupause, Hunderte Bands wandten sich epischem, komplexem Rock zu: Pink Floyd, Genesis oder Queen, um nur einige zu nennen. Unlängst sampelte gar Rapper Kanye West Passagen aus «21st Century Schizoid Man». Beweis dafür, dass King Crimsons Frühwerk bis heute nachhallt.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 06/01/12

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