Wann immer wir ein altes frei stehendes Hotel in den Bergen erblicken, läuft uns ein kalter Schauer über den Rücken. Schuld daran trägt dieser Film von Stanley Kubrick.
Axt du meine Güte! Wer diesen Film einmal gesehen hat, kriegt die Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Als seien sie so tief in den Schädel eingedrungen wie … ach, lassen wir die Vergleiche und suchen lieber schöne Gedanken, lassen diese kreisen, im Schnee, immer und immer wieder, als seien sie in einem winterlichen Labyrinth gefangen. – Ha! Schon wieder hat sich eine Anspielung auf das Werk eingeschlichen. Es ist aber auch nicht leicht, von diesen Szenen loszukommen, wenn man sie einmal gesehen hat.
«The Shining» heisst der Film, den Stanley Kubrick 1980 in die Kinos brachte. Ein Horrorklassiker. Die Geschichte wurde zuerst als Buch veröffentlicht, stammt aus der Feder von Gruselexperte Stephen King. Kubrick setzte mit seiner Verfilmung eigene Akzente und doppelte mit einem atmosphärischen Meisterwerk nach.
Wie im später geschriebenen und verfilmten «Misery» spielen Abgeschiedenheit und Wahnsinn eine zentrale Rolle: Jack Torrance (Jack Nicholson) ist arbeitsloser Lehrer und trockener Alkoholiker. Mit seiner Frau (Shelley Duvall) und seinem kleinen Sohn will er in den Rocky Mountains einen Neuanfang wagen. Die Familie hat schwierige Zeiten hinter sich, Jack trank viel und neigte zu cholerischen Wutanfällen. In der Ruhe und Abgeschiedenheit des Hotels erhofft er sich, zur Ruhe zu kommen, an einem Buch arbeiten zu können – und gleichzeitig Geld zu verdienen. Die Familie übernimmt die Hausverwaltung während der Winterpause, soll auf das stattliche Haus achtgeben, bis im Frühjahr wieder Personal und Gäste eintreffen werden.
Zwischen Wahn und Wirklichkeit
Draussen fällt der Schnee, drinnen fällt Jack in sich zusammen. Sitzt vor seiner Schreibmaschine, doch statt sein Buch voranzutreiben, driftet er ab, hört Stimmen. Das stattliche Hotel birgt dunkle Geschichten, die sich nicht nur in seinem Kopf niederschlagen. Dass Geister ihr Unwesen treiben, spürt auch der kleine Danny. Der Junge hat telepathische Fähigkeiten – «Shinings» – und wird von starken Visionen heimgesucht, die nichts Gutes erahnen lassen. Tatsächlich wird sein Vater zunehmend von Wahnvorstellungen heimgesucht – und zu einer Gefahr für Frau und Kind.
Mit starken Bildern und Darstellern hat Stanley Kubrick aus der Romanvorlage grosses Kino geschaffen, das einen auch zu Hause auf dem Sofa erzittern lässt. Kubricks Pedanterie trieb die Mitarbeiter tatsächlich fast in den Wahnsinn, liess der Regisseur doch manche Szenen Dutzende Male wiederholen, bis er zufrieden war. Der Perfektionismus hat sich aber gelohnt. «The Shining» ist ein Klassiker des Genres geworden, der noch immer Angst einflösst. Und der zugleich Rätsel aufgibt, wie der Dokumentarfilm «Room 237» offenbart, der derzeit im Basler Stadtkino gezeigt wird. Fünf besessene «Shining»-Fans erzählen vor der Kamera, wie sie den Film deuten: einer erkennt darin eine Auseinandersetzung mit dem Holocaust, ein anderer eine Allegorie auf den Genozid an den Indianern.
Nur einer war angeblich unzufrieden mit der Adaption: der Autor selbst, Stephen King. Und zwar, weil Jack Nicholson dem heimlichen Star seines Buchs die Show stahl – dem Hotel.
Er gehört ohne Zweifel zu den bedeutendsten Regisseuren der Filmgeschichte: Stanley Kubrick (1928-1999). Der grosse Orson Welles nannte ihn einen «Giganten», auch jüngere Filmemacher wie Steven Spielberg oder Quentin Tarantino bewundern seine Arbeit und liessen sich von ihm inspirieren. Tatsächlich findet sich kein misslungenes Werk in seinem Oeuvre: Ob «Lolita» (1962) oder die Kriegssatire «Dr. Strangelove», das Weltraum-Drama «2001: A Space Odyssey» oder das beklemmende, bunte «A Clockwork Orange»: Allesamt gelten sie heute als anerkannte Meisterwerke. Kubrick adaptierte meist Romane, so auch ganz zuletzt: «Eyes Wide Shut» (mit Tom Cruise und Nicole Kidman) aus dem Jahr 1999 war eine erotisch aufgeladene Adaption von Arthur Schnitzlers «Traumnovelle».