Eine hinreissende Komödie der Liebe und eine heillose Tragödie der Triebe: Shakespeares «Ein Sommernachtstraum» ist beides und gerade deswegen eines der wunderbarsten Werke der Dramenliteratur.
«Wie kann das Glück so wunderlich doch schalten!», sagt Helena. Es ist kein beglückter Ausruf, den die junge Hofdame von sich gibt. Denn ihre grosse Liebe zu Demetrius wird von diesem auf brutale Weise zurückgewiesen. Aber auch Demetrius kann sich des Liebesglückes nicht erfreuen, denn die von ihm angebetete (und ihm versprochene) Hermia ist in Lysander verschossen, mit dem sie Reissaus nehmen will.
So ist es zu Beginn von William Shakespeares «Ein Sommernachtstraum». Später kommt es bekanntlich ganz anders. Plötzlich will Demetrius Helena an die Wäsche, und dummerweise will das auch Lysander, der seine eben noch so sehr begehrte Hermia fallen lässt. Schuld ist ein aus den Fugen geratener Zauber, der eigentlich als Strafe des eifersüchtigen Elfenkönigs Oberon für seine Gattin Titania gedacht ist.
Der Traum der Liebe wird zum Alptraum
Ein Kollateralschaden also. Einer, der zu einem heillosen Verwirrspiel führt. Die Gewalt des überschäumenden Eros macht aus dem Traum der Liebe einen Albtraum der Triebe. Nicht nur in der Menschenwelt, sondern auch bei den Naturdämonen. So stürzt sich die Elfenkönigin Titania voller Wollust auf einen Rüpel, dem durch einen diabolischen Zauber ein Eselskopf aufgesetzt wurde.
Das klingt alles sehr verrucht. Natürlich wissen wir, dass «Ein Sommernachtstraum» eine Komödie ist. Der bitterböse Traum findet sein Erwachen, und alles endet gut. Und doch bleibt das bittere Gefühl, dass es auch anders hätte enden können, in Verzweiflung, blutigem Kampf, Selbstmord.
Der Literaturwissenschaftler Jan Kott bezeichnete «Ein Sommernachtstraum» in seinem Standardwerk «Shakespeare heute» als «das erotischste von allen Shakespeare-Stücken» – mit einer Erotik, die ausgesprochen brutal ist. Zurecht geisselte er eine Aufführungstradition, die auf romantischem Elfenzauber fusst (und zum Beispiel in der eigentlich wunderbaren, aber allzu beschwingt-tänzerischen Bühnenmusik von Felix Mendelssohn-Bartholdy ihren Niederschlag fand), als «ganz besonders unerträglich».
Schlacht der Geschlechter
Heute ist die Interpretation des Stücks als Sommernachts-Albtraum beinahe schon Normalfall. Radikal zugespitzt kam dies 1999 in der herausragenden Basler Inszenierung von Stefan Bachmann zum Ausdruck, der den «Sommernachtstraum» als deftig-grausame Schlacht der Geschlechter auf die Bühne schmetterte.
Es gab damals natürlich empörte Stimmen, aber der «Sommernachtstraum» ertrug das böse Spiel von Bachmanns Ensemble bestens, erträgt überhaupt viel, fordert geradezu auf, über den Text immer wieder neu nachzudenken – was in der aktuellen Basler Inszenierung leider zu wenig geschah.
«Hamlet», «Romeo und Julia», «Ein Sommernachtstraum» und, und, und … 38 Dramen und Versepen sowie über 150 Sonnette werden ihm zugeschrieben. Darunter viele der bedeutendsten Werke der Weltliteratur.
Nun gibt es Leute, die behaupten, dass diese Texte von anderen Autoren geschrieben worden seien. Sicher ist, dass dieser William Shakespeare (1564 in Stratford-upon-Avon getauft, 1616 ebenda gestorben) Schauspieler und Teilhaber des Londoner Globe Theatre war. Vielleicht können die Zweifler an der Autorenschaft einfach nicht glauben, dass ein Theaterunternehmer so viele herausragende Stück geschrieben hat.
Seis drum. Die Werke sind zu Recht die meistgespielten des Theaters, und der Name Shakespeare ist ihr Gütezeichen, das alle kennen und schätzen.