Vor 125 Jahren wurde Charles Chaplin geboren. Mit seinem Film «Der grosse Diktator» hat er als Erster Hitlers Wahn der Welt vor Augen geführt.
Seine bekannteste Rolle ist die des «Tramps», aber gleich danach kommt Anton Hynkel, der Diktator von Tomanien. Der will, hinter dem Rücken seines Verbündeten Benzino Napoloni, des Herrschers von Bakteria, ins gemeinsame Nachbarland Osterlitsch einmarschieren. Dazwischen terrorisiert er die Juden («the jewten») und schickt sie in Konzentrationslager.
Charlie Chaplins Film «Der grosse Diktator» kam 1940 ins Kino, sieben Jahre nach der Machtergreifung Hitlers in Deutschland, und die Parodie ist keineswegs subtil: der Schnauz und der Militarismus, die bizarr zackige Gestik, die Spiessgesellen Gorbitsch und Herring – alles da. Besonders drastisch überzeichnet sind die Massenansprachen von Chaplins Hynkel, in denen er Hitlers aggressiven Redestil in einem unverständlichen Denglisch persifliert, in dem es Kernbegriffe wie «Wiener Schnitzel», «Sauerkraut» und «Schtonk!» hagelt.
Legendär ist die Szene, in der der grosse Diktator seiner Weltherrschaftsfantasie einen fast zärtlichen Ausdruck gibt, indem er mit einer Weltkugel zu Wagners Lohengrin-Ouvertüre tanzt – bis der Globus ob so viel Verehrung in seiner Hand platzt. Einen seltsamen Kontrast bildet die Schlussszene: der jüdische Coiffeur (ebenfalls Chaplin), der aufgrund der frappanten Ähnlichkeit mit Hynkel plötzlich an die Stelle des Diktators getreten ist, hält eine Radioansprache ans besetzte Osterlitsch – und holt zu einer Fanfare auf die Freiheit und gegen nationalstaatliche Rivalitäten aus. Hier kippt der Film von der Parodie mit herrlichen Slapstick-Szenen ins pathosreiche Melodram – und verrät viel über die Zeit, in der er entstand.
«Der grosse Diktator», Chaplins erster Tonfilm, entsprang einer Idee, die der damals längst berühmte Schauspieler schon ein Weilchen im Kopf trug, wobei er allein schon angesichts seiner harmlosen Darstellung der Konzentrationslager von der tatsächlichen Brutalität des Nazi-Regimes offensichtlich nichts wusste. Das Leitthema ging über den Faschismus hinaus. Vier Jahre zuvor hatte Chaplin mit «Modern Times» bereits den Staatskapitalismus der USA sowie die Degradierung des Menschen durch die Industrialisierung kritisch aufs Korn genommen; nach dem Zweiten Weltkrieg geriet er in den Hetzjahren der McCarthy-Ära ins Visier der amerikanischen Patriotismuswächter.
Nach einer Europareise im Jahr 1952 versagten ihm die USA die Wiedereinreise, woraufhin sich Chaplin in Vevey am Genfersee niederliess. Auch davon handelt, auf visionäre Art, die Schlussrede des kleinen Coiffeurs, der sich plötzlich an Stelle des Diktators findet: vom Ideal der Menschenwürde, das der Einzelne nur jenseits von Staatsdoktrin und Ideologiezwang findet. Ein wahrhaft liberaler Gutmensch in jedem positiven Sinn des Wortes.
Charles Chaplin, vor 125 Jahren in bitterarmen Verhältnissen in England geboren, wurde zu einem der ersten globalen Filmstars der Geschichte. Bekannt wurde er als Slapstick-Darsteller im Stummfilm und als namenloser Vagabund, der in seinen Komödien wie «Der Einwanderer» den Blick auf teilweise desolate Verhältnisse nicht ausser Acht liess. «Der grosse Diktator», «Modern Times» oder «The Kid» zählen zu seinen berühmtesten Filmen. Chaplin starb am Weihnachtstag 1977 in Vevey. Sein Wohnhaus soll noch dieses Jahr als Museum öffentlich zugänglich gemacht werden.