Kultwerk #63: Stolz und Vorurteil

Mit ihrem erfolgreichsten Roman erschuf Jane Austen auch eine Kultfigur: Mr. Darcy.

Keiner kriegte Mr. Darcys Rehaugen besser hin als der Brite Colin Firth. (Bild: Cinetext/Allstar/BBC)

Mit ihrem erfolgreichsten Roman erschuf Jane Austen auch eine Kultfigur: Mr. Darcy.

200 Jahre ist es her, da erschien in England Jane Austens Roman «Stolz und Vorurteil» – ebenso sehr ein Liebes- wie ein Entwicklungsroman. Die beiden Hauptcharaktere, Elizabeth Bennet und Mr. Darcy, müssen darin etliche Krisen, Intrigen und Missverständnisse überwinden, bevor sie zueinanderfinden. Was für die Leserin sehr unterhaltsam ist, aber nicht anspruchslos. Austen vermittelt einen guten Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse der Regency am Anfang des 19. Jahrhunderts in England, in der es hauptsächlich darum geht, für junge Frauen die richtigen Ehemänner zu finden.

Austen hat mit diesem Werk aus­serdem einen Mann erschaffen, der Frauen schmachten liess und lässt: Mr. Darcy, mit ganzem Namen Fitzwilliam Darcy, ist ein Archetypus des romantischen Helden. Ein gut aussehender Gentleman mit Vermögen und einem ansehnlichen Anwesen.

So, dürfte man meinen, wäre es nur verständlich, wenn die Damen Mr. Darcy reihenweise zu Füssen lägen. Doch gerade Elizabeth Bennet, aus deren Perspektive «Stolz und Vorurteil» erzählt wird, kann mit Mr. Darcy erstmal ganz und gar nichts anfangen. Zu stolz und distanziert kommt er daher, und er wagt es gleich beim ersten Zusammentreffen an einem Ball, die junge Dame zu verärgern, indem er einen Tanz mit ihr verweigert und auch noch hinter ihrem Rücken über sie herzieht.

Dass Mr. Darcy, der sich in der Tat zu Beginn nicht grade galant benimmt, die heutigen Frauen so verzückt, liegt deshalb wohl nicht in geringem Masse an einem Schauspieler, der Mr. Darcy einst verkörperte: 1995 schlüpfte der Brite Colin Firth für die BBC-Verfilmung des Romans in Darcys Rolle. Und der smarte Brite beherrschte sowohl den kühl-arroganten Blick von oben herab wie die verliebten Rehaugen, die für diese Rolle nötig waren.

«Stolz und Vorurteil» hat über die Jahre zahlreiche andere Autoren inspiriert – und gerade auch Darcys Figur. Die britische Autorin Helen Fielding etwa adaptierte für ihre Tagebücher der «Bridget Jones» den Charakter bis hin zum Namen: Mark Darcy heisst dort der Rechtsanwalt, der der schusseligen Bridget den Kopf verdreht. Und wer übernahm für die Verfilmung von Fieldings Büchern Darcys Part? Kein anderer als Colin Firth. Sicher kein Zufall.

Jane Austen
Jane Austen (1775–1817) veröffentlichte zeitlebens anonym – ihre Bücher trugen stets die Verfasserangabe «by a lady». Trotzdem war ihre Autorschaft bald ein offenes Geheimnis. Vor allem ihre scharfe Beobachtungsgabe wurde schon von Zeitgenossen gelobt, auch in Bezug auf soziale Interaktion. Ihre ­Bücher gingen über jene des ­damals sehr populären Sittenromans ­hinaus. «Stolz und Vorurteil», «Emma» und «Verstand und Gefühl» sind ihre wohl berühmtesten Werke.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 18.01.13

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