Vor 80 Jahren feierte dieser Film von Fritz Lang Weltpremiere – und das in Basel.
Fritz Lang wurde am 5. 12. 1890 in Wien geboren. Nach dem Verbot seines Mabuse-Films arbeitete er kurze Zeit in Frankreich als Regisseur, ab 1936 dann in den USA. 1959 und 1960 drehte er nochmals drei Filme in Deutschland, darunter «Die 1000 Augen des Dr. Mabuse», dessen Erfolg den Anstoss zu weiteren Mabuse-Streifen gab. Fritz Lang starb 1976 in Beverly Hills.
Am 19. April 1933 lief im Basler Cinema Palace Fritz Langs Streifen «Das Testament des Dr. Mabuse» an. Dabei handelte es sich um die «Welt-Uraufführung» des Films, was in einem Zeitungsinserat gebührend herausgestrichen wurde. In Deutschland war der Film zuvor von den Nationalsozialisten, die im Januar 1933 die Macht an sich gerissen hatten, verboten worden. Das Verbot traf einen Regisseur, der in Deutschland mit Werken wie «Die Nibelungen» (1924), «Metropolis» (1927) und «Frau im Mond» (1929) eine Reihe aussergewöhnlicher Filme gedreht hatte.
Der dämonische Schwerverbrecher Dr. Mabuse hatte Lang bereits Anfang der 1920er-Jahre beschäftigt. Damals hatte er die von Romanautor Norbert Jacques geschaffene Figur in zwei Stummfilmen («Dr. Mabuse der Spieler»/«Inferno») auf die Leinwand gebracht.
Anleitung, wie man Gesellschaften destabilisiert
In Langs ein Jahrzehnt später entstandenem Tonfilm «Das Testament des Dr. Mabuse» scheint vom einstigen Mega-Kriminellen keine Gefahr mehr auszugehen. Von der Öffentlichkeit vergessen, dämmert er in einer Irrenanstalt vor sich hin. Der Einzige, der sich für ihn und sein Vermächtnis interessiert, ist der Psychiater Professor Baum. Das von Mabuse in einem Anfall von manischem Schreibzwang -niedergeschriebene «Testament» ist eine detaillierte Anleitung, wie eine straff geführte kriminelle Organisation eine Gesellschaft -destabilisieren und eine Herrschaft des Verbrechens über sie errichten kann.
Die Handlung des Films setzt ein, als der Aufbau der kriminellen Organisation abgeschlossen ist und es zur schrittweisen Umsetzung des Plans kommt. Kommissar Lohmann, der mit der Aufklärung der Verbrechen betraut ist, findet schliesslich, wenn auch fast zu spät, dank Hinweisen eines reumütigen Mitglieds der Organisation heraus, wer die Fäden zieht. Langs Kriminalklassiker beeindruckt durch temporeiche Szenen und suggestive Bilder. «Die Menschen», schrieb die «National-Zeitung» nach der Premiere, «die in dieser Welt geheimnisvoller Apparate und furchtbarer chemischer Substanzen zu agieren haben, sind expressionistisch gesehen und gestaltet, bis auf den Kriminalkommissar Lohmann, dessen bürgerlich-behäbige Erscheinung mit dem halluzinatorischen Milieu (Irrenanstalt, entfesselte Maschinen, halbwahnsinnige Verbrecher) wirksam kontrastiert.»
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 19.04.13