Kultwerk #88: The Fine Art Of Surfacing

Ein Lied überstrahlt alle anderen auf diesem Album: «I Don’t Like Mondays». Allein damit schrieb sich Sir Bob Geldof, ewiger Anwärter auf den Friedensnobelpreis, in die Geschichtsbücher.

1979 tauchte die irische Band The Boomtown Rats mit einem Album auf, das einen zeitlos starken Song enthielt. (Bild: Albumcover)

Ein Lied überstrahlt alle anderen auf diesem Album: «I Don’t Like Mondays». Allein damit schrieb sich Sir Bob Geldof, ewiger Anwärter auf den Friedensnobelpreis, in die Geschichtsbücher.

In jeder Sammlung finden sich Schallplatten, die an einer Stelle besonders gelitten haben. Weil man die Nadel immer und immer wieder an derselben Stelle ansetzte – und im jugendlichen Überschwang auch mal ins Vinyl ritzte. Diese Platte gehört dazu: «The Fine Art Of Surfacing» der Boomtown Rats. Denn auch wenn diese Band um den irischen Sänger Bob Geldof mehr als nur ein One-Hit-Wonder war, auf diesem Album interessierte nur das erste Lied auf der B-Seite: «I Don’t Like Mondays». Dieses überstrahlte mit seinem Pathos alle anderen.

Als Schüler jubelte unsereiner noch, weil da einer den eigenen Trotz in Melo­dien fasste, weil da einer verstand, wie es uns an jedem Sonntagabend ging. Diese Unlust, sich am Montag ein Alltagsgesicht überzuziehen. Und die Freiheit zurückzulassen. Furchtbar.

Als junger Erwachsener wuchs die Neugier, mehr darüber zu erfahren. Und unsereiner erkannte: Der Dramatik dieses Liedes liegt ein wahres Drama zugrunde.

Teenagerin tötete Lehrer und Schüler

Sänger Bob Geldof hielt sich am 29. Januar 1979 in den USA auf, als er von einem Massaker erfuhr: Brenda Spencer (16) aus San Diego griff um acht Uhr morgens zum Weihnachtsgeschenk ihres Vaters – ein halbautomatisches Gewehr, Kaliber 22 – und schoss von ihrem Zimmer aus auf die gegenüberliegende Schule. Ihre Kugeln töteten den Rektor, den Abwart, verwundeten acht Schüler und einen Polizisten. Noch während ihrer Tat erklärte sie – wie pervers ist das denn? – einem Journalisten via Telefon das Tatmotiv: ­«I don’t like mondays.» Gefolgt von der ­Bemerkung: «This livens up the day» – das belebe den Tag.

Sänger Bob Geldof hielt sich am 29. Januar 1979 in den USA auf, als er von einem Massaker erfuhr: Brenda Spencer (16) aus San Diego griff um acht Uhr morgens zum Weihnachtsgeschenk ihres Vaters – ein halbautomatisches Gewehr, Kaliber 22 – und schoss von ihrem Zimmer aus auf die gegenüberliegende Schule. Ihre Kugeln töteten den Rektor, den Abwart, verwundeten acht Schüler und einen Polizisten. Noch während ihrer Tat erklärte sie – wie pervers ist das denn? – einem Journalisten via Telefon das Tatmotiv: ­«I don’t like mondays.» Gefolgt von der ­Bemerkung: «This livens up the day» – das belebe den Tag.

«I Don’t Like Mondays» wurde in England zum Nummer-1-Hit, er wurde auch bei uns oft gespielt. Nur in den USA, wo die Tat geschah, fürchteten sich die Radiosender, das Lied zu spielen, wie der Pophistoriker Jon Kutner festhielt. Nicht etwa aus Angst vor potenziellen Nachahmern. Sondern aus Angst, dass sie die Familie der Täterin einklagen könnte. Wie pervers ist das denn?

Sir Bob Geldof


Bekannt wurde der Ire in den 70er-Jahren als Frontmann der Band The Boomtown Rats. Noch berühmter aber wurde er in den 80ern als Organisator von «Live Aid», dem Konzertspektakel für die Hungernden in Afrika. Neben seinem Engagement als Aktivist machte Geldof weiterhin Musik (wir erinnern uns etwa an seinen «Great Song Of Indifference», 1990). Am 28. Juli wird der mittlerweile 61-jährige Sänger am «Stimmen»-Festival in Lörrach auftreten.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 12.07.13

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